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Fängt gerade erst an…

Christoph Graupner (1683-1760): Das Leiden Jesu, Passion Cantatas III

Solistenensemble Ex Tempore, Barockorchester Mannheimer Hofkapelle, Florian Heyerick

Cpo, CD 555 230 2; EAN 7 61203 52302 3

Wer war Christoph Graupner? Der Komponist am Darmstädter Hof, der etwa 2.000 Werke schrieb, Opern, weltliche Kantaten, 113 Sinfonien, 44 Solokonzerte usw., usw… Seine Neuentdeckung begann zu Beginn des 20. Jahrhunderts und ist noch längst nicht abgeschlossen. Verdienstvoll, dass seine Musik auf mehreren CDs vorliegt, cpo ist wieder federführend, auch diesmal. Die Musik fesselt von ersten bis zum letzten Ton, sowohl von ihrer Melodik als vor allem durch das klangliche und instrumentale Spektrum. Darmstadt war damals eines der wichtigsten und renommiertesten Zentren für die zeitgenössische Musik. Bekannte und berühmte Solistinnen und Solisten kamen an den Hof, Graupner fand also für seine musikalischen Utopien auch die entsprechenden Musiker, auch wenn er gerne nach Leipzig als Nachfolger von Johann Kuhnau gekommen wäre. Sein Dienstherr erlaubte das nicht, was für Darmstadt eine ganz besondere Blüte bedeutete.

Die Aufführung dieser drei Passionen ist vorbildlich. Nicht nur, was die Solistinnen und Solisten, das Orchester und den Chor angeht, auch Florian Heyerick, der Leiter – vielbeschäftigt und in mannigfachen Funktionen unterwegs – überzeugt durch die Bank in allen Ausdrucksbereichen. Das Hören dieser angeblich so unzeitgemäßen Musik ist gerade im durch Bach’sche Passionen überreich eingeengten Repertoire eine hervorragende Ergänzung und Entdeckung.

Vielleicht gelingt es sogar, einiges aus Graupners Opernschaffen wieder einmal auf die Bühne zu bringen und auch da die Programme zu erweitern?

Zwar verfügte Christoph Graupner, dass alle seine Kompositionen nach seinem Tod vernichtet werden sollten, allein seine Erben setzten in einem jahrelangen Rechtsstreit durch, dass heute fast alle seine Werke in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt erhalten sind. Wir dürfen also gespannt sein auf weitere großartige Entdeckungen.

[Ulrich Hermann, April 2019]