Neue Chefredaktion bei The New Listener

Wer The New Listener regelmäßig verfolgt hat, wird in den letzten Monaten einige Änderungen festgestellt haben. Mag es sein, dass die Artikel von meiner Seite rarer wurden, dass plötzlich ein neuer Autor dafür in gewisser Regelmäßigkeit schreibt, vielleicht auch ein paar andere graphische Feinheiten im Beitragslayout. Mit diesem Text sei der Grund erläutert und offiziell gemacht: Ich trete von meinem Posten als Chefredakteur von The New Listener zurück und übergebe dieses Amt Norbert Florian Schuck als meinen Nachfolger.

Der Übergang ist bereits seit Sommer am Laufen und erfolgte allmählich und fließend, doch schon seit einiger Zeit war es Florian Schuck, der die Artikel einstellte und die Organisation übernahm. Nun gebe ich auch die Chefredaktion endgültig weiter.

So darf ich an dieser Stelle zurückblicken auf fünfeinhalb Jahre, die ich The New Listener leiten durfte. Nie hätte ich geahnt, wo mich die Reise hinführt, die ich im Sommer 2015 begann, als ich die Seite gründete. Über 400 Artikel habe ich seit dem alleine für The New Listener geschrieben, reiste dafür mehrfach nach Norwegen, nach Luxemburg, Österreich und in die Schweiz, traf inspirierende Künstler*Innen und vor allem: erlebte prägende Musik.

Das Verlangen, Musik zu vermitteln, befeuert meine Arbeit und wird es immer tun. Kunst ist für alle da und alle sollen auf möglichst viele Kanäle an ihr teilhaben sollen. Als Musiker wie als Musikwissenschaftler wie als Journalist sehe ich meine Aufgabe darin, die Musik so durchdringend zu ergründen, wie es mir gelingen mag, sie in ihrer Gesamtheit aufzugreifen und, sofern dies ein erreichbares Ziel darstellt, sie zu verstehen. Die Resultate daraus, gleich welcher Form, sollen den Hörer*Innen und Leser*Innen helfen, dies ebenso zu tun; denn nicht jeder kann sein Leben eben dieser hinreißenden Kunst widmen, und hat dennoch ein natürliches Anrecht darauf, sie so umfassend wie möglich zu genießen.

Die Aufgabe eines Rezensenten besteht entsprechend auch nicht daraus, zu urteilen, sondern zu beschreiben. Natürlich macht auch das Präselektieren einen gewissen Teil der Tätigkeit aus, doch nicht um der Künstler*Innen Willen oder Unwillen, sondern um den der Hörer*Innen. So bestand bei The New Listener von der ersten Sekunde an die Selbstverständlichkeit der freien und unbeeinflussten Äußerung: dies bedeutet vor allem, dass die Rezension nicht durch geldwerte Vorteile, Anzeigenschaltung oder Bezahlung getrübt wird, sondern stets auf gleicher fairer, neutraler Basis beruht. Und ich weiß, dass dies auch bei Florian Schuck so der Standard bleibt, was mir die Übergabe leichtfallen lässt.

(Norbert) Florian Schuck schätze ich als einen der fundiertesten Musikwissenschaftler, die ich überhaupt kenne. Seine bedingungslose Liebe zum Detail und zur Ergründung noch der kleinsten Ungenauigkeit machen ihn aus, nie gibt es sich mit Unvollständigem zufrieden. Sowohl inhaltlich als auch stilistisch darf er als Perfektionist betrachtet werden, selbst informelle Nachrichten avancieren bei ihm zu Kleinoden der Schreibkunst. Und mehr als alles andere: Er ist ein grenzenloser Förderer der Musik, der sich selbstlos in den Dienst der Kunst stellt, ohne eigenen Vorteil für sie ins Feuer gehen würde.

In fünfeinhalb Jahren hat sich viel getan und The New Listener reifte zu einer viel beachteten Plattform heran, deren Freiheit und Hingabe, deren Ideologie von sich reden machte. Jetzt ist es an der Zeit, dass sie sich weiter entwickeln kann, angereichert mit neuen Ideen und Möglichkeiten. Ich selbst schreibe gerne weiterhin für The New Listener, wenngleich mich auch neue Ideen und Projekte in ihren Bann ziehen und meine Aufmerksamkeit fordern. So nenne ich die Übergabe eine Modulation, die das gleiche Stück auf eine neue Ebene katapultiert.

Ich danke für jeden gelesenen Text, jede wohlgemeinte Reaktion und jede beflügelnde Erkenntnis, die uns gegenseitig der Musik näher bringt.

Ihr Oliver Fraenzke

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