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Würzburger Adventskonzert: Monteverdichor ehrt Bertold Hummel und präsentiert Uraufführungen

Alle Jahre wieder kann man sich aufs neue davon überzeugen, dass die Adventskonzerte des Würzburger Monteverdichors in der Neubaukirche etwas Besonderes sind. Beständig erarbeitet der Chor unter seinem Dirigenten Matthias Beckert neue Werke, sodass kein Konzert dem anderen gleicht. Somit stehen auch jährlich am 2. Advent bzw. dessen Vorabend andere Stücke auf dem Programm. Die diesjährigen Adventskonzerte am 6. und 7. Dezember, die, wie nun schon seit Jahren Brauch, in Zusammenarbeit mit der Jenaer Philharmonie durchgeführt wurden, machten mit Werken dreier Komponisten bekannt, die in der jüngeren Geschichte Würzburgs eine herausragende Rolle spielten bzw. immer noch spielen: Bertold Hummel (1925–2002), Zsolt Gárdonyi (*1946) und Christoph Wünsch (*1955). Die Kompositionen Wünschs und Gárdonyis waren speziell für diese Aufführungen komponiert bzw. in Neufassung gebracht worden.

Zu Beginn des Konzerts ergriff Matthias Beckert das Wort und wandte sich ans Publikum. Damit begann eine kleine Gesangsstunde, denn das einleitende Stück des Abends, Bertold Hummels Kantate Dem König der Ewigkeit verlangt im vorletzten ihrer vier kurzen Sätze Gemeindegesang, der mit dem Chor alterniert. Da die Noten des zu singenden Chorals (Wohlauf, mein Seel, sag hohen Preis dem Herren) im Programmheft abgedruckt waren, konnte das Publikum, das in beiden Konzerten zahlreich erschienen war, leicht mitwirken und stimmte kräftig ein. Ein paar Mal wurde der Wechselgesang mit dem Chor geübt, dann konnte die Aufführung beginnen.

Der in Freiburg aufgewachsene Bertold Hummel war seit 1963 Kompositionslehrer am Bayerischen Staatskonservatorium Würzburg, der heutigen Würzburger Hochschule für Musik, wo er auch das Studio für Neue Musik leitete. Von 1979 bis 1988 amtierte er als Präsident der Hochschule, danach als ihr Ehrenpräsident. Es ist also nicht zu viel gesagt, wenn man ihn als die herausragende Persönlichkeit des Würzburger Musiklebens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Da zudem die geistliche Musik in seinem Schaffen einen bedeutenden Platz einnimmt, erschien es schlüssig, im Jahre seines 100. Geburtstags den Großteil eines Adventskonzerts seinen Werken zu widmen. Hummel hat, stets offen für Anregungen, sich im Laufe seines Lebens mit verschiedenen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten beschäftigt und auch die Auseinandersetzung mit avantgardistischen Tendenzen nicht gescheut. Die drei Werke Hummels, die hier zur Aufführung gelangten, entstanden zwischen 1950 und 1958, entstammen also der frühen Schaffensphase des Komponisten und verraten seine stilistischen Ausgangspunkte. Als Sohn eines Kirchenmusikers frühzeitig in die Praxis der geistlichen Musik hineingewachsen, ist Hummel von Anfang an dem Kontrapunkt zugeneigt. Er selbst hat bekannt, nachdrücklich durch den Umgang mit dem gregorianischen Choral geprägt zu sein, was man seiner modal eingefärbten Melodik durchaus anhört. Seine Harmonik zeigt deutlich den Einfluss Hindemiths, der ihm offenbar durch seinen Lehrer Harald Genzmer vermittelt wurde. Während für die ruhigen Abschnitte der Musik der Choral die Inspirationsquelle gewesen zu sein scheint, gehen in den rhythmisch belebten Teilen die Synkopen des Mittelalters mit denen des Swing eine Synthese ein. Die Fanfaren, mit denen Hummel Dem König der Ewigkeit eröffnet und schließt, zeigen beispielhaft die Verschmelzung von archaisierenden und modern-populären Elementen. Der große Kontrapunktiker spricht aus jedem Takt dieses Werkes, doch lässt er den Chor meist in markanter, wirkungsvoller Schlichtheit agieren. Verkündigung ist das Ziel, nicht Künstelei. Die polyphone Auffächerung des Satzes spart sich Hummel für Momente auf, die er damit besonders hervorheben möchte. So krönt er die Choralvariationen des dritten Satzes durch den bereits erwähnten Responsorialgesang mit der Gemeinde, wobei die Gemeinde den Choral einstimmig singt, während der Chor auf jede Zeile mit sechsstimmigen Melismen antwortet. Zur Begleitung der Singstimmen verwendet Hummel nur sieben Bläser und die Orgel, doch erzeugt er gerade durch diese Beschränkung ein scharf konturiertes, kontrastreiches Klangbild.

Als ebenfalls sehr hörenswert erwies sich die etwas ältere Kantate Offenbarung neuen Lebens op. 8, die für volles Orchester, Chor und Alt-Solo geschrieben ist und als größtbesetztes Werk des Abends das Konzert beschloss. Sie ist nahezu symmetrisch aufgebaut: Zwei knappe Antiphonen zwischen Chor und Alt umrahmen zwei chorische Choralbearbeitungen, die wiederum eine als Passacaglia gestaltete Psalmodie des Chores umfassen. Am Ende steht eine dritte Choralbearbeitung, ein Kanon über Wachet auf, ruft uns die Stimme. Dieser Satz ist kunstvoll gestaltet, doch besitzt er keine so starke Schlusswirkung wie das Finale der späteren Kantate Hummels. Überhaupt erschien das frühere Werk durch die Nachbarschaft des späteren etwas überschattet.

In der Programmmitte stand mit Hummels Weihnachtlicher Suite op. 13b ein reines Instrumentalwerk, das sich als köstlicher Beitrag zur Literatur für Kammerorchester entpuppte. Die fünf knappen, prägnant formulierten und kontrapunktisch flüssig gestalteten Sätze basieren auf eigenen Themen Hummels, doch werden in den Verlauf eines jeden beliebte Weihnachtslieder eingearbeitet. So begegnen im einleitenden Siciliano In dulci jubilo und Vom Himmel hoch, da komm ich her in kontrapunktischer Verschlingung. Der scherzoartige, in seinem Marschduktus Hindemith sehr nahe zweite Satz, in dem Trompetensignale und Violinsoli auffallen, wartet im Mittelteil mit Es ist ein Ros‘ entsprungen auf. Die zentrale Pastorale basiert auf einem Wechsel zwischen einer anmutigen, kontrapunktischen Holzbläsermusik und dem durch seine Harmonisierung impressionistisch anmutenden Susani-Lied in den Streichern. Der vierte Satz erinnert in seiner Lebhaftigkeit an den zweiten, ist aber lustiger und weniger forsch. Wie dort wechseln sich die einzelnen Instrumentengruppen in rascher Folge ab. Ein mehrfach flink dazwischen rufendes Signalmotiv basiert auf Morgen kommt der Weihnachtsmann. Die abschließende Passacaglia gipfelt in Vom Himmel hoch, da komm ich her, womit der Bogen zum Kopfsatz geschlagen wird.

Die Vortragsfolge des Programms war gut durchdacht: Die Werke Hummels bildeten Anfang, Mitte und Schluss, wobei die Offenbarung neuen Lebens ans Ende gerückt wurde, da in diesem Stück zum einzigen Mal sämtliche Mitwirkende zusammen agieren. Die übrigen Stücke waren alle unterschiedlich besetzt und präsentierten jeweils nur einen Teil der Singstimmen und/oder Instrumente. Zwischen den Kompositionen Hummels erklangen Werke zweier Komponisten der folgenden Generation, die beide sowohl mit Würzburg, als auch mit Bertold Hummel eng verbunden sind. Zsolt Gárdonyi wurde 1946 in Ungarn geboren und emigrierte in jungen Jahren nach Deutschland. 1980 wurde er von Hummel als Professor für Musiktheorie nach Würzburg berufen. Christoph Wünsch, 1955 geboren, war in Würzburg Schüler Hummels und Gárdonyis, unterrichtete bis 2021 als Professor an der Hochschule Musiktheorie und steht ihr seit 2017 als Präsident vor. Gárdonyi und Wünsch haben jeweils die sieben O-Antiphonen vertont, die in den sieben letzten Tagen vor Weihnachten in den Vespern des katholischen Stundengebets gesungen werden. Ihren Namen tragen diese Gebetsgesänge daher, dass sie alle mit einem „O“ als Anrufung Christi beginnen. Jeder der sieben Teile spricht anschließend Christus mit einem anderen Ehrentitel an.

Zsolt Gárdonyi vertonte die O-Antiphonen in deutscher Übersetzung. Das Werk entstand 2012 ursprünglich für Frauenchor, Oboe und Orgel. Die Fassung mit einer um Streichorchester und Harfe erweiterten Begleitung, die im Würzburger Adventskonzert zu hören war, entstand eigens zu diesem Anlass und erklang folglich hier zum ersten Mal. In Gárdonyis Werk entspricht jeder Antiphon ein kurzer, in sich geschlossener Satz, wobei zwischen den einzelnen Teilen motivische Beziehungen spürbar sind. Anklänge an Vom Himmel Hoch, o Engel kommt, die sich gelegentlich vernehmen lassen, sind kein Zufall, denn die erste Strophe dieses Liedes erklingt als Coda des Gesamtwerkes. Jeder Antiphon geht stets der gleiche Wechselgesang zwischen Alt-Solo und Chor auf die Worte „Seht, unser Gott wird kommen, uns zu erlösen“ voraus – von der Altistin Melanie Eisentraut freundlich einladend angestimmt. Mit diesem schlicht harmonisierten Refrain führt der Komponist gewissermaßen immer zu den einfachen tonalen Grundlagen seiner Musik zurück. In den Antiphonen selbst entfaltet er davon ausgehend ein reiches Spektrum zauberhafter Mischklänge. Es ist faszinierend, wie Gárdonyi die Stimmen zu dissonanten Klanggebilden verknüpft, der Charakter des Ganzen aber durchaus zart bleibt. Er vermeidet gleichermaßen grobe Effekte wie auch jene raffinierte Süßlichkeit, von der manch anderes zeitgenössisches Chorwerk kündet. Gárdonyi überlässt nichts dem Zufall: Jeder Klang sitzt am rechten Platz, die Dissonanzen sind alle wohlüberlegt gestaltet und auf der Grundlage einfacher tonaler Zusammenhänge errichtet, weswegen diese Musik auch nie statisch oder ziellos erscheint. In der Ausdeutung des Textes erreicht Gárdonyi große Wirkungen durch schlichte Mittel wie Klangfarbenwechsel – gleich Bertold Hummel ist er ein Meister des sparsam eingesetzten Instrumentariums – und abrupte harmonische Kontraste, etwa wenn er dem in lichten Farben erklingenden „Morgenstern“ in der fünften Antiphon den „Schatten des Todes“ mittels eines tiefen, dissonanten Akkords gegenüberstellt.

Christoph Wünschs Vertonung der Antiphonen entstand ausdrücklich für das Adventskonzert des Monteverdichors, somit wohnten die Zuhörer einer Uraufführung bei. Die Gefahr einer zu großen Ähnlichkeit zweier Stücke nach dem gleichen Text erwies sich als unbegründet, denn Wünsch hat einen ganz anderen Zugang zu den O-Antiphonen gewählt als Gárdonyi. Das beginnt bei der Besetzung: Wünsch wählt für sein Werk einen gemischten Chor mit großem Orchester und verzichtet auf eine Sologesangsstimme. Den Text vertont er im lateinischen Original. Auch ist sein Werk weniger als Zyklus kurzer Sätze anzusprechen, sondern als ein einzelner Satz, der sich in mehrere Abschnitte untergliedert, wobei Antiphon V deutlich als Reprise des Anfangs zu erkennen ist. Das Werk beginnt mit einer instrumentalen Einleitung, in der auf dissonant sich auffächernde Blechbläsertöne eine einstimmige Linie von Streichern und Marimba antwortet, deren gezackte Melodik und synkopische Rhythmen an Messiaen erinnern. Symbolhaft kehrt diese Musik im weiteren Verlauf noch zweimal wieder und beschließt auch das Stück. Der Chor wird auf eine Weise behandelt, die an gregorianischen Choralgesang gemahnt, wobei Wünsch den vollen Chorklang bevorzugt und den Satz nur vorübergehend auf einzelne Stimmen ausdünnt. Harmonisch bewegt er sich durchweg außerhalb der klassischen Funktionsharmonik, verzichtet also im Gegensatz zu Gárdonyi darauf, das Komplizierte hörbar aus dem Einfachen herzuleiten. Aber auch in seiner Musik sind die tonalen Kräfte spannungsvoll wirksam. Die Anlehnung an Choral-Topoi verleiht dem Stück einen kernigen Charakter, der durch die harten Dissonanzen und die Wahl gleißender Orchesterfarben noch unterstrichen wird.

Alle Beteiligten haben bei der Wiedergabe der Stücke Vortreffliches geleistet. Die Werke waren mustergültig einstudiert worden und wurden mit jener Hingabe vorgetragen, die nur bei sorgfältiger Auseinandersetzung mit der Musik zu erreichen ist. In Hummels Orchestersuite stellte Matthias Beckert unter Beweis, dass er mit rein instrumentalen Kräften nicht minder feinfühlig zu Werke geht wie mit vokalen. Wie so häufig bei doppelten Konzerten gelangen die Leistungen des zweiten Abends gegenüber denen des ersten noch um einen Grad gelöster und selbstverständlicher. Anstelle einer Pause veranstaltete der Dirigent kurze Interviews mit Martin Hummel, einem Sohn Bertold Hummels, der als Gesangspädagoge an der Würzburger Hochschule lehrt, sowie den beiden anwesenden Komponisten. So erfuhr man interessante Fakten über Bertold Hummel als Mensch und Künstler. Beispielsweise schilderte Martin Hummel, dass sein Vater zum Komponieren regelmäßig den Keller, als den ruhigsten Ort des kinderreichen Hauses, aufsuchte. Christoph Wünsch erzählte, wie Hummel ihm zwecks Konzentration zu Beginn des Kompositionsunterrichts die Aufgabe stellte, eine Sonate für Oboe allein zu schreiben, und umgehend nach Fertigstellung des Stücks einen Oboisten holte, um den Schüler dessen eigenes Werk hören zu lassen. Zsolt Gárdonyi gab darüber hinaus auch Einblicke in sein eigenes künstlerisches Selbstverständnis. Auf sein Komponieren angesprochen, sagte er: „Ich suche die Musik, die ich gern gehört hätte. Also habe ich sie selbst geschrieben.“ Worte eines echten Künstlers, der nicht nach der Mode geht, sondern seinem Herzen folgt! Dem Klangeindruck sämtlicher in diesem Adventsprogramm zu hörender Werke nach, erscheint es mir nicht falsch, auch die anderen beiden Komponisten zu diesen Künstlern zu rechnen. So nimmt man denn als Lehre aus diesen Konzerten mit, dass es Bertold Hummel als Verdienst anzurechnen ist, in Würzburg eine Atmosphäre geschaffen zu haben, in der kompositorische Begabungen reifen und sich in ihrer Eigenart optimal entfalten können, sodass bis heute dort großartige Musik entsteht.

[Norbert Florian Schuck, Dezember 2025]

„Da Jesus auf Erden ging“ – Felix Woyrschs Mysterium im Würzburger Adventskonzert

Am 7. und 8. Dezember erklang das Mysterium Da Jesus auf Erden ging von Felix Woyrsch durch den Monteverdichor Würzburg und die Jenaer Philharmonie unter der Leitung von Matthias Beckert in der Würzburger Neubaukirche. Die Soli sangen Mechthild Söffler (Sopran), Bernhard Gärtner (Tenor) und Hanno Müller-Brachmann (Bariton).

Das Innere der Würzburger Neubaukirche

Wer Chorkonzerte liebt und Abwechslung im Spielplan schätzt, der ist in Würzburg gut aufgehoben. Dem Monteverdichor und seinem Dirigenten Matthias Beckert ist es zu verdanken, dass die fränkische Bischofsstadt seit vielen Jahren zu den interessantesten Pflegestätten der Chormusik in Deutschland gehört. Beckert ist ein echter Entdecker, der bezüglich des Repertoires seines Chores auf maximale Vielfalt setzt. So finden sich auf den Spielplänen mit schöner Regelmäßigkeit selten gespielte Werke der Vergangenheit, aber auch zeitgenössische Stücke, teils als Ur- oder Erstaufführung. Wiederholungen werden nach Möglichkeit vermieden. Ein gutes Beispiel dieser Praxis sind die Adventskonzerte des Monteverdichors, bei denen man alle Jahre wieder darauf gespannt sein darf, welche Werke diesmal auf dem Programm stehen.

Das Adventskonzert von 2024, das am 7. und 8. Dezember in der Neubaukirche, dem Konzertsaal der Würzburger Universität, gegeben wurde, lässt sich als eine nahtlose Fortsetzung des letztjährigen ansehen. Damals stand neben Werken von Gabriel Pierné und Hermann Zilcher auch das Kurzoratorium Die Geburt Jesu von Felix Woyrsch auf dem Programm (zum Bericht siehe hier). Dieses Jahr erklang nun eines der drei abendfüllenden Oratorien Woyrschs, das 1917 uraufgeführte Mysterium Da Jesus auf Erden ging.

Woyrschs Jesus gehört zu den nicht wenigen Oratorien des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, deren Handlung das gesamte Leben Christi umspannt. In einem Weihnachtskonzert ist es durchaus am Platze, da das Geschehen der Heiligen Nacht gegen Anfang recht ausführlich abgehandelt wird. Auf einen gewaltigen Eingangschor, der mit den Worten „Mache dich auf, werde Licht!“ anhebt, folgen ein Orchesterzwischenspiel mit pastoralen Bläsersoli, die Verkündigung durch einen Frauenchor, ein Hirtenchor in reizvoll wechselnden Taktarten auf den Text des schlesischen Volkslieds Auf dem Berge da weht der Wind, in welchen ein Duett Marias und Josephs eingefügt ist, eine orchestrale Bearbeitung des einstimmig gesungenen Chorals Euch ist ein Kindlein heut geborn (= Vom Himmel hoch da komm ich her) und schließlich ein eigener vierstimmiger Choral Woyrschs auf die bekannten Worte „Vom Himmel hoch, ihr Englein, kommt“. Jede Szene dieser Weihnachtsmusik hat ihren eigenen Klang und unterscheidet sich hinsichtlich der satztechnischen Komplexität von den übrigen. Die Spanne reicht vom chorsymphonischen Tutti und strenger Fugenarbeit bis zur Einstimmigkeit. Was hier im Kleinen an Abwechslung geboten wird, wird in den folgenden Teilen des Werkes weiter ausgeführt.

Woyrsch gliedert sein Oratorium in fünf große Abschnitte. Der Heiligen Nacht folgen die Seligpreisungen mit abschließendem Vaterunser, Christi Wandeln auf dem Meere, die Heilige Woche und der Gang nach Emmaus. Die Bezeichnung „Mysterium“ geht auf die mittelalterlichen Mysterienspiele zurück, deren Tradition sich im Text des Werkes insofern niederschlägt, als dass Woyrsch neben Auszügen aus Evangelien und Psalmen vor allem auf volkstümliche geistliche Dichtung zurückgegriffen hat. Am deutlichsten zeigt sich dies im vierten Teil, in welchem das Geschehen von Christi Einzug in Jerusalem bis zum Karfreitag durch einen einzigen längeren Volksliedtext abgedeckt wird. Dieser ist ein Dialog zwischen Maria und Jesus, eingeleitet von einer instrumentalen Passacaglia und einem Vorspruch des Chores. Die Kreuzigung wird dabei textlich nur angedeutet („Ach Mutter, liebste Mutter mein, mög‘ dir der Freitag verborgen sein!“), musikalisch ist sie durch abrupte Harmoniewechsel und Dissonanzen an der entsprechenden Textstelle durchaus präsent.

Der dramatischste Abschnitt des Werkes ist der Seesturm in der Mitte. Packend schildert Woyrsch die heraufziehenden Windböen, die unruhige See und die Hilferufe der verzweifelten Jünger, bevor er das Ganze zur eigentlichen Sturmszene steigert, die rein musikalisch eine chromatische Fuge mit einem Choral als Cantus firmus ist – ähnlich wie in der verwandten Flut-Fuge in Franz Schmidts Buch mit Sieben Siegeln, mit der sie sich durchaus messen kann, wird hier größtes Chaos durch strengste Ordnung geschildert. Mit dem Erscheinen Christi beruhigt sich das aufgewühlte Meer und die Jünger stimmen erleichtert den Dankeschor an („Du bist wahrlich Gottes Sohn“), zu dessen Begleitung die Wellen nun sanft und angenehm rauschen. Die ganze Szene ist nicht nur ein Höhepunkt in Woyrschs Oratorienschaffen, man darf sie getrost zu den hervorragendsten Momenten der chorsymphonischen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts rechnen.

Ja, Da Jesus auf Erden ging ist ein großes Werk, und die beiden Aufführungen in der Würzburger Neubaukirche ließen keinen Zweifel daran aufkommen. Mit der Jenaer Philharmonie und dem aus hochmotivierten jungen Leuten bestehenden Monteverdichor standen Matthias Beckert ausgezeichnet disponierte Kräfte zur Verfügung. Der Dirigent nahm sich die nötige Zeit, übereilte nichts, ließ namentlich den fugierten Schlusschor mit der gebotenen Wucht und Feierlichkeit ausführen, und widmete sich liebevoll der Ausgestaltung von Details. Sehr schön gelangen beispielsweise stets die Kadenzen der dem Chor zugedachten Abschnitte. Bernhard Gärtner (Tenor) überzeugte in den ihm zugedachten kurzen Soli und in der Rolle des Evangelisten ebenso wie Hanno Müller-Brachmann (Bariton) als Jesus. Neben diesen beiden sehr kräftigen Männerstimmen hatte es die Sopran-Solistin Mechthild Söffler mitunter schwer, sich zu behaupten. An Tonschönheit, Lyrik, Zartheit fehlt es ihr nicht, wie bei ihren Soli deutlich wurde, im Zusammenwirken mit dem Chor oder mit den anderen Solisten trat sie allerdings ein wenig zu sehr zurück.

Beide Abende waren sehr gut besucht und endeten mit enthusiastischem Applaus. Auf Felix Woyrschs Bedeutung als Instrumentalkomponist ist durch Einspielungen seiner symphonischen, kammermusikalischen, Klavier- und Orgelwerke in den letzten Jahren wieder stärker hingewiesen worden. Die Würzburger Aufführungen waren nun ein starkes Plaidoyer dafür, auch dem Chorsymphoniker Woyrsch wieder gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Möge Beckert darin würdige Nachfolger unter den Chorleitern finden!

[Norbert Florian Schuck, Dezember 2024]

Ein wunderbares Adventskonzert: Pierné, Zilcher und Woyrsch in Würzburg

Am 9. und 10. Dezember 2023 dirigierte Matthias Beckert den Monteverdichor Würzburg und die Jenaer Philharmonie in Gabriel Piernés Les enfants à Bethléem, Hermann Zilchers Nachtmusik op. 64 und Felix Woyrschs Die Geburt Jesu op. 18. Als Solisten waren die Sopranistinnen Anna Feith, Maine Takeda, Mechthild Söffler und Rebecca Suta, die Altistin Barbara Bräckelmann, der Tenor Michael Ha und der Bariton Stefan Stoll zu hören.

Die Würzburger Neubaukirche, Aufführungsort des Konzerts

Der Würzburger Monteverdichor hat sich im Laufe der letzten Jahre nicht nur durch seine gesanglichen Qualitäten, sondern auch durch seine reichhaltigen Programme einen ausgezeichneten Ruf erworben. Mit Matthias Beckert steht ihm ein Dirigent vor, der sich nicht mit einer kleinen Zahl bewährter Repertoirestücke begnügt, sondern wirklich eine Vorstellung davon besitzt, wie umfassend der vorhandene Bestand hochwertiger Musik tatsächlich ist. Bei der Auswahl der Stücke für seine Konzerte achtet Beckert mithin darauf, Wiederholungen zu vermeiden, um seinem Publikum die Bekanntschaft mit möglichst vielen Werken zu ermöglichen. Beispielhaft zeigt sich das anhand der Weihnachtskonzerte des Monteverdichors. Die Programme des vergangenen Jahrzehnts boten Musik verschiedenster Epochen und Stile. Es erklangen abendfüllende Weihnachtsoratorien von Joseph Eybler, Jules Massenet, Philipp Wolfrum, Richard Wetz und Frank Martin (Le Mystère de la Nativité als deutsche Erstaufführung), aber auch kürzere Werke, etwa von Friedrich Kiel (Der Stern von Bethlehem), Felix Draeseke (Adventlied), Edward Elgar (The Light of Life), Walter Braunfels (Adventskantate und Weihnachtskantate), Heinrich Kaminski (Magnificat) und Gerald Finzi (Dies Natalis). 2017 wurde Michael Ostrzygas Oratorium Puer Natus Est vom Monteverdichor zur Uraufführung gebracht. Man kann also in Würzburg jedes Jahr aufs Neue gespannt sein, was am zweiten Adventswochenende in der Neubaukirche, die als Universitätskirche regelmäßige Spielstätte des aus Studierenden und Alumni bestehenden Chores ist, gesungen und gespielt wird. Die orchestrale Unterstützung der Weihnachtskonzerte leistet seit 2016 durchgehend die Jenaer Philharmonie.

Bei der Zusammenstellung der Werke für die diesjährigen Konzerte am 9. und 10. Dezember hat Matthias Beckert eine besonders glückliche Wahl getroffen, denn die drei Kompositionen bildeten ein Programm von ungewöhnlicher innerer Geschlossenheit. Das gern gebrauchte Wort von der „Einheit durch Kontrast“ ist hier durchaus am Platze! Die beiden Oratorien, die den Anfang und den Schluss bildeten, führten anschaulich vor Ohren, auf welch unterschiedliche Weise man um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Geschichte der Geburt Christi in Musik gesetzt hat.

Gabriel Pierné war ein Alters- und Studiengenosse Claude Debussys, Schüler César Francks, dem er als Organist an Ste-Clotilde nachfolgte, und angesehener Dirigent, dem zahlreiche Werke der damaligen musikalischen Moderne (etwa Strawinskijs Feuervogel und Ravels Daphnis et Cloé) ihre Uraufführung verdanken. Sein „Mystère“ Les enfants à Bethléem (in Würzburg unter dem Titel Die Kinder zu Bethlehem auf Deutsch gesungen) ist eine Art französisches Volksoratorium. Wir erleben, geleitet von einem melodramatischen Erzähler, wie eine Schar von Hirtenkindern um Georg, Nicola und Jeanette sich nach der Verkündigung durch den Stern aufmacht, den Heiland in seiner Krippe zu besuchen. Unterwegs begegnen sie den Heiligen drei Königen, denen sie sich anschließen, um letztlich im Stall zu Bethlehem dem Jesuskind zu huldigen, das dort von der Heiligen Jungfrau gemeinsam mit Ochs und Esel behütet wird. Der Librettist Gabriel Nigond hat anscheinend bewusst offen gelassen, wo die kindlichen Helden seiner Handlung zeitlich und räumlich zu verorten sind. Die Namen (im Original heißen Georg und Nicola „Lubin“ und „Nicolas“), wie auch die Rundtanzmusik im 6/8-Takt, mit der die Kinder vorgestellt werden, lassen vermuten, dass sie eher als französische Kinder um 1900 denn als orientalische Kinder der Zeit um Christi Geburt gedacht sind. Im imaginären Raum des Weihnachtsmysteriums finden jedenfalls unterschiedliche Ort-, Zeit und Stilebenen mühelos zusammen. Kaspar, Melchior und Balthasar sind nicht einfach drei Weise, sondern wirkliche Könige, die eine Karawane von Kamelen samt Elefant nach Bethlehem führen. Pierné geleitet sie mit einem üppig instrumentierten Festmarsch in der Tradition des französischen Orientalismus zur Krippe. Orientalische „couleur locale“ verbreitet auch der Ruf eines Hirten aus der Ferne, der eindeutig einem Muezzinruf nachgebildet ist. Beinahe unmittelbar schließt sich ihm ein trauriges Lied der Kinder an, das im weiteren Verlauf des Werkes motivisch wichtig wird und gleichermaßen die Trostlosigkeit des Winters wie, in seiner hymnisch gesteigerten Variante, die Hoffnung auf den Heiland zu verdeutlichen scheint. In seiner Schlichtheit könnte es ein französisches Volkslied sein. Ganz nah an Debussy ist Pierné in der mysteriösen Einleitungsmusik des Werkes, die gleichfalls mehrere Male wiederkehrt, um das Geschehen zu gliedern. Es spricht sehr für den Komponisten, dass bei aller stilistischen Buntscheckigkeit das Werk nicht wie ein Konglomerat, sondern als ein zusammenhängendes Ganzes erscheint; wie denn auch der Tonfall bei aller Effektfreudigkeit und Popularität nie ins Banale umschlägt. Der Text mag an manchen Stellen unfreiwillig komisch wirken, wenn man ihn nur liest, Piernés Musik allerdings veredelt auch diese Abschnitte. Was Ochs und Esel singen, ist nicht minder würdevoll als die Musik der Heiligen Jungfrau oder des Sterns – immerhin sind sie die treuen Wächter des Jesuskindes und werden als solche von den Kindern auch gewürdigt. Der ganzen Anlage des Werkes gemäß endet das Oratorium mit einer Art Feld-, oder besser: Stallgottesdienst. Der Stern und die Heilige Jungfrau agieren als Vorsänger, die Kinder antworten mit beständig wiederholten Fürbitten. Danach erklingt das Quasi-Volkslied ein letztes Mal in der Flöte, nun aber in Dur. Der Schluss ist von einer Einfachheit, die man genial nennen muss: Nach einem Akkord der Streicher singen die Kinder a cappella nur das Wort „Weihnacht“, woraufhin ein leiser Paukenwirbel das Stück beschließt.

Führt uns Pierné zu Weihnachten in Feld und Stall und in exotische Länder, so finden wir uns in dem Kurzoratorium Die Geburt Jesu op. 18 seines deutschen Zeitgenossen Felix Woyrsch, des langjährigen Städtischen Musikdirektors von Altona, in eine festlich geschmückte, protestantische Kirche versetzt. Den Text dieses Werkes hat der Komponist selbst aus Bibelstellen zusammengestellt, in die er die Choräle „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, „Ach, liebster Heiland Jesu Christ“ und „Wie soll ich dich empfangen“ geschickt eingearbeitet hat. Auch die originalen Melodien der Choräle sind zu hören. Jede wird auf andere Weise bearbeitet: Als sechsstimmige Chorfuge mit kanonischen Choral-Einsätzen (letztere in der Aufführung von den Soli gesungen), als orgelbegleiteter Choral mit Zwischenspielen der Streicher oder als von ostinaten Figurationen begleiteter Choral, zwischen dessen Strophen kleine Ariosi des Solo-Soprans eingeschoben sind. Neben dem Sopran ist auch dem Bass eine Solo-Nummer zugedacht, während der Tenorsolist nach Art des Evangelisten barocker Oratorien die erzählenden Rezitative zwischen den durchweg knapp gefassten Chören und Arien übernimmt. So deutlich Woyrsch mitunter mit seiner Satztechnik prunkt, so glücklich vermeidet er jeden Bombast. Das Werk ist sparsam instrumentiert. Nahezu jede Nummer hat ihre bestimmte Klangfarbe. Nur in wenigen Takten sind alle Sänger und Instrumentalisten gleichzeitig zu hören. Am Ende scheint ein furioses Finale einzusetzen, doch geht die stürmische Fuge bald in einen breiten Wechselgesang von Chor und Soli über. Ein instrumentales Nachspiel, in dem die Orgel noch einmal „Vom Himmel hoch“ anstimmt, führt das Werk zu einem ruhigen Ausklang.

Woyrschs Geburt Jesu war das einzige Stück, in welchem alle Sängerinnen und Sänger dieser Konzerte mitwirkten. Es ist für einen gemischten Chor geschrieben, während Piernés Kinder zu Bethlehem nur nach einem Kinderchor oder, wie in unserem Fall, einem Frauenchor verlangt. Eine ideale Brücke zwischen beiden Werken fand sich mit dem Werk eines Würzburger Komponisten, der Nachtmusik op. 64 für Orchester, Männerchor und Sopransolo von Hermann Zilcher. Zilchers Wirken in Würzburg, das 1920 mit seiner Ernennung zum Konservatoriumsdirektor begann, markiert – das kann man sagen, ohne bedeutenden Vorgängern wie Giovanni Benedetto Platti oder Friedrich Witt Unrecht zu tun – den bisherigen Höhepunkt der städtischen Musikgeschichte. Das von ihm 1921 ins Leben gerufene Mozartfest gehört nach wie vor zu den wichtigsten Musikveranstaltungen Deutschlands. Zilchers Nachtmusik lässt sich nur schwer einer bestimmten Gattung zuordnen. Ihre Entstehung ist eng mit dem Mozartfest verknüpft. Der Komponist pflegte das Werk, das er nicht drucken ließ, ausschließlich während des Festes bei Nacht im illuminierten Garten der Würzburger Residenz aufzuführen. Am ehesten könnte man es als Symphonische Dichtung mit Gesang bezeichnen. Das Stück beginnt mit einem längeren, rein orchestralen Teil, der sich in mehrere Unterabschnitte gliedert. Obwohl es nicht als Weihnachtsmusik gedacht ist, verbreitet der Anfang mit seiner liedhaften, vom Glockenspiel untermalten Trompetenmelodie eine Stimmung, die das Werk für Weihnachtskonzerte sehr geeignet erscheinen lässt. Dem folgen leicht beschwingte, rokokohafte Töne. Nahezu unauffällig verändert sich die Szenerie. Die Musik wird dunkler, tiefgründiger, geheimnisvoll, wie die aufziehende Nacht. Das Anfangsthema erscheint als breiter Streicherhymnus über blechernem Bass mit Tamtamschlägen. Dann setzt, auf der Empore der Kirche aufgestellt, der Männerchor mit einem Gedicht der Würzburger Lyrikerin Elisabeth Dauthendey ein: „Abend senkt sich nieder […] Hört ihr den Sang der Sphären erklingen!“ Aus der wogenden Polyphonie des Chores schält sich der Solo-Sopran heraus und bleibt am Ende als einzige Singstimme übrig, mit der „Jubel und Tanz“ in der Stille der Nacht verschwinden. Das letzte Wort hat die leise schlagende Mitternachtsglocke. – Dieses großartige Werk sollte endlich im Druck publiziert werden!

Der musikalischen Qualität der drei aufgeführten Stücke – jedes auf seine Art ein Meisterwerk – entsprach die Qualität der Darbietungen. Matthias Beckert ist ein wahrhaft inspirierender Chorleiter, der seine Sänger zu Höchstleistungen anspornt. Da das Programm die Gelegenheit bot, Frauen- und Männerstimmen des Monteverdichors getrennt zu hören, bevor sie am Ende in Woyrschs Oratorium zusammenwirkten, konnte man sich davon überzeugen, dass dieser Chor in allen seinen Stimmgruppen aufs schönste ausgebildet ist. Ein frischer, kräftiger, klarer Klang entströmt diesen Kehlen, die auch hinsichtlich der Textverständlichkeit vorbildlich agieren. Die Jenaer Philharmonie gab das sichere Fundament zur Entfaltung der vokalen Kräfte. Dirigent Beckert führt takt- und tempofest durch das Geschehen. Den einzelnen Sektionen des Orchesters lässt er nicht weniger Aufmerksamkeit zukommen als den Stimmen des Chores. Nie gerät er dabei in einen mechanischen Trott, beschwingt und kantabel atmet die Musik unter seinen Händen. Mit ihren durchweg ausgezeichneten Leistungen fügten sich die Solisten trefflich ins Gesamtbild ein. Der Sopranistin Anna Feith waren in allen drei Werken gewichtige Aufgaben zugeteilt – als „Stern“ bei Pierné, wie als Solistin bei Zilcher und Woyrsch –, die sie glänzend und scheinbar mühelos erfüllte. Mit heller, durchdringender, dabei stets vornehm bleibender Stimme, singt sie tonsicher und textverständlich auch in ganz hohen Lagen. In Piernés Werk waren noch drei andere junge Sopranistinnen zu loben, die innige Darstellungen der drei Hirtenkinder boten: Maine Takeda, Mechthild Söffler und Rebecca Suta. Die Altistin Barbara Bräckelmann verkörperte im gleichen Stück die Gottesmutter höchst würdevoll. Esel und Ochs, die, wie gesagt, keine Tierlaute von sich geben, sondern von Pierné sehr menschlich gezeichnet werden, fanden in dem Tenor Michael Ha und dem Bariton Stefan Stoll einfühlsame Interpreten. Stefan Stoll führte zudem als stimmgewaltiger Erzählter durch die Handlung der Kinder zu Bethlehem und sang als Hirte in der Ferne wie als himmlische Stimme gelegentlich auch hinter dem Publikum bzw. hinter der Bühne. Michael Ha überzeugte später bei Woyrsch auch als Evangelist. An beiden Konzertabenden waren die Leistungen sämtlicher Ausführenden gleichermaßen ausgezeichnet.

Angesichts solcher Konzerte braucht man sich über das Würzburger Musikleben keine Sorgen zu machen. Dass mithin gerade selten zu hörenden Chorwerken durch den Monteverdichor unter Matthias Beckerts Leitung eine so hingebungsvolle Umsetzung zuteil wird, muss als ein Glücksfall bezeichnet werden. Man kann nur wünschen, dass dieser Musizierpraxis noch viele weitere mustergültige Aufführungen entspringen und möglichst viele zu Unrecht vernachlässigte Stücke dem Konzertleben zurückgewonnen werden.

[Norbert Florian Schuck, Dezember 2023]