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Eine junge Komponistin zwischen Brünn, Prag und Paris [Rezensionen im Vergleich 2]

Naxos, 8.574144; EAN: 7 47131 41447 5

Das Sinfonieorchester der University of Michigan unter der Leitung von Kenneth Kiesler präsentiert eine Auswahl von Orchesterwerken der jung verstorbenen tschechischen Komponistin Vítězslava Kaprálová (1915–1940), u.a. ihre Militär-Sinfonietta, ihr Klavierkonzert sowie zwei Orchesterlieder. Es handelt sich dabei um Mitschnitte eines Festivals zu Ehren der Komponistin aus dem Jahre 2015. Die Solisten sind der Tenor Nicholas Phan und die Pianistin Amy I-Lin Cheng.

25 Jahre ist die tschechische Komponistin Vítězslava Kaprálová nur alt geworden, und doch hat sie in ihrem kurzen Leben ein beachtliches Œuvre geschaffen, das eine Reihe von zeitgenössischen Tendenzen aufgreift und zu individuellen Lösungen bis hin zu einer Art Reifestil (insofern man dies in so jungen Jahren überhaupt sagen kann) führt. Zu ihren (Kompositions-)Lehrern zählten dabei ihr Vater Václav Kaprál (1889–1947), selbst Komponist, ab 1930 am Konservatorium ihrer Heimatstadt Vilém Petrželka (1889–1967), dann von 1935 bis 1937 am Prager Konservatorium Vítězslav Novák und schließlich, dank eines Stipendiums, ab 1937 in Paris Bohuslav Martinů. Kaprálová war zudem Dirigentin, und auch hier liest sich die Liste ihrer Lehrer illuster. Insgesamt sind 25 Werke mit Opuszahlen überliefert, zu denen sich noch eine Reihe kleinerer (Gelegenheits-)Kompositionen gesellen. Ihr früher Tod in Montpellier war einer Infektionskrankheit (Tuberkulose oder Typhus) geschuldet.

Die vorliegende CD liefert einen Querschnitt ihres orchestralen Schaffens. Die beiden umfänglichsten Werke sind dabei die Militär-Sinfonietta op. 11 aus den Jahren 1936/37 sowie das Klavierkonzert d-moll op. 7, das 1934/35 zum Abschluss ihrer Studien in Brünn entstand. Hierbei verrät das Klavierkonzert noch deutlich spätromantische Einflüsse, trotz der kompakteren Form hat insbesondere Rachmaninow Pate gestanden. Dabei spielt der langsame Satz, der ohne Unterbrechung in das Finale übergeht, nur die Rolle eines kurzen, dunkel getönten (und interessanterweise ein wenig nordisch klingenden) Intermezzos. Ein schönes, attraktives Werk, und eine beachtliche Talentprobe der kaum 20-jährigen Komponistin, aber noch wenig individuell geprägt. Es ist eine Randnotiz wert, dass das Werk wohl eher wenig den Einfluss ihres damaligen Lehrers Petrželka verrät, dessen eigene Werke aus dieser Zeit deutlich avancierter sind.

Die einsätzige Militär-Sinfonietta op. 11, ein viertelstündiges Allegro in e-moll mit ruhigerem Mittelteil, das besonders durch sein ausgesprochen markantes Hauptthema geprägt ist, entstand nur zwei Jahre später, zeigt Kaprálová aber bereits deutlich weiter in ihrer Entwicklung. Hier trifft ein der tschechischen Folklore entlehnter Tonfall auf robusten Neoklassizismus, und das Interesse an den Farben des Orchesters (apart etwa die Flageoletteffekte ab 10:04) verrät auch Kaprálovás Interesse an französischer Musik, hier vielleicht noch eher des Impressionismus als jüngeren Tendenzen. Den Bezug zum Titel stellen dabei u. a. die stilisierten Fanfaren her, mit denen das Werk beginnt, aber insgesamt ist das militärische Element nicht übermäßig präsent. Der Titel mag einen Bezug zu Janáček suggerieren, doch ist der Einfluss von dessen eigener Sinfonietta eigentlich nicht besonders stark ausgeprägt; eher schon kann man Parallelen zu anderen tschechischen Komponisten jener Zeit ziehen wie zum Beispiel Pavel Bořkovec (man beachte etwa sein Sinfonisches Allegro Start aus dem Jahr 1929). Kaprálovás Sinfonietta ist ein kraftvolles, energisches Werk, das nicht umsonst als eine ihrer musikalischen Visitenkarten gilt. Ein Jahr nach seiner Entstehung dirigierte sie es selbst im Rahmen des ISCM Festivals für neue Musik in London als Vertreterin der tschechischen Musik.

Bei den übrigen Werken handelt es sich zunächst um ein kurzes Prélude de Noël für Kammerorchester, ein Auftragswerk für einen Rundfunkübertragung aus Paris in die unter deutscher Besatzung stehende Tschechoslowakei zu Weihnachten 1939, das noch deutlicher französisch (im Sinne der Groupe des Six) geprägt ist und den Tonfall von Weihnachtsliedern in klassizistisch-verspieltem Gewand aufgreift. Die beiden Orchesterlieder Trauriger Abend (in Ersteinspielung; die nicht ganz vollständige Orchestrierung hat Timothy Cheek komplettiert, von dem auch das Beiheft stammt) sowie Lebewohl und Taschentuch op. 14 entstanden ungefähr gleichzeitig in Kaprálovás Prager Jahren. Sie atmen etwas von Fin de siècle und mildem Expressionismus, kleine, subtile, fein nuancierte Szenen, die die zugrunde liegenden Texte ungemein suggestivkräftig und gekonnt musikalisch ausmalen. Bei Kaprálovás Opus 1 handelt es sich um Fünf Klavierstücke aus den Jahren 1931/32; vier davon arrangierte sie einige Jahre später für Kammerorchester unter dem Titel Suite en miniature. Der Kontrast zwischen dem ersten Satz, einer gedämpften Tremolostudie in cis-moll, und den drei übrigen Sätzen, die eher den Charakter von Genrestücken (Pastorale, Wiegenlied und Menuett haben), ist groß, auch hinsichtlich der Tonarten, denn ab dem zweiten Satz pendelt sich die Suite in G-Dur ein. Fraglos ein frühes Werk, aber durchaus reizvoll und farbig instrumentiert.

Insgesamt wird also Kaprálovás Schaffen von recht unterschiedlichen Winkeln beleuchtet; einige ihrer späten Orchesterwerke (insbesondere die Partita für Klavier und Streichorchester und die Suita rustica für Orchester) fehlen zwar, aber auch so bekommt man ein recht gutes Bild von der Komponistin und ihrer Musik, die in toto sehr hörenswert ist.

Insofern muss man die Interpreten auf dieser CD allein schon für ihren Einsatz für Kaprálovás Musik loben; die Einspielungen sind geeignet, um ein zuverlässiges Bild vom Schaffen dieser Komponistin zu erhalten, und ihr sicherlich einige neue Anhänger bescheren. Es sei jedoch nicht verschwiegen, dass die Qualität der Interpretationen deutlich Luft nach oben lässt. Das Orchester der University of Michigan ist als Universitätsorchester sicherlich überdurchschnittlich, im Vergleich zu professionellen Klangkörpern (und in eine solche Konkurrenz begibt sich diese CD-Veröffentlichung nun einmal) sind die Unterschiede allerdings unüberhörbar. In groß besetzten Stücke wie der Militär-Sinfonietta stimmt die Balance nicht immer (zu Lasten der Streichergruppe, obwohl diese laut Beiheft eigentlich so klein nicht sein dürfte). Ähnliches kann man auch in der Suite en miniature beobachten, wo die Strukturen erheblich besser ausgehört (und die Melodiestimme prägnanter in Szene gesetzt) werden müssten. Dort, wo die Musik komplexer und die spieltechnischen Anforderungen größer werden (Sinfonietta), gerät das Orchester z. T. an seine Grenzen, u.a. was Exaktheit und Präzision in der Artikulation anbelangt. Die Leistung der beiden Solisten ist grundsätzlich ordentlich, allerdings ist die Abstimmung mit dem Orchester nicht immer optimal. Der Klang der CD ist (für eine moderne Produktion) eher etwas matt und nicht immer völlig transparent; der Beginn der Suite en miniature erklingt so leise, dass man ihn bei normaler Lautstärkeeinstellung kaum wahrnimmt.

Nun ist es keinesfalls so, dass es keine Alternativen zu diesen Einspielungen geben würden. Anders als Timothy Cheek in seinem grundsätzlich lobenswerten, Leben und Schaffen Kaprálovás sowie die Werke auf dieser CD detailliert diskutierenden Beiheft nahelegt, ist es insbesondere nicht zutreffend, dass Kaprálovás Œuvre in der sozialistischen Tschechoslowakei ignoriert worden wäre. Cheek erwähnt, dass ihre Musik seinerzeit als „dekadent“ gebrandmarkt worden sei. Mir ist nicht exakt bekannt, wann und in welchem Zusammenhang dies geschah; der Verdacht liegt freilich nahe, dass es im Rahmen der „Formalismus“-Kampagne erfolgte, die 1948 in der Sowjetunion begann und sich in den Folgejahren auf den gesamten Ostblock ausdehnte und dazu führte, dass die Musik in diesen Ländern rund um 1950 insgesamt zweifelsohne ausgesprochen traditionell geprägt war. Mit der Zeit relativierten sich die damals gefällten Verdikte allerdings, und spätestens in den 1960er Jahre verwendete ein nicht unerheblicher Teil der tschechischen Komponisten wesentlich avanciertere Mitteln als Kaprálová es jemals tat.

Und in der Tat erschien bereits 1958 eine Supraphon-LP mit der Militär-Sinfonietta, interpretiert vom Philharmonischen Orchester Brünn unter der Leitung von Břetislav Bakala, vier Jahre später eine Einspielung ihrer Partita für Klavier und Streicher, 1975 eine Portrait-LP mit allerlei verschiedenen Werken, und schon in den 1950er Jahren erschien im Rahmen der Serie Musica Nova Bohemica et Slovenica, die für sich in Anspruch nahm, die tschechoslowakische Musik der damaligen Zeit anhand exemplarischer neuer Werke darzustellen, Miloš Sokolas orchestrale Variationen über ein Thema von Vítězslava Kaprálová (nämlich eines ihrer April-Präludien für Klavier), nebst umfangreichem Beiheft, in dem an die Komponistin erinnert wurde. Es sind also schon damals eine Reihe ihrer Werke in Einspielungen erschienen, auf die man heute z. T. digital zugreifen kann. Dass davon im Westen kaum Notiz genommen wurde, mag sicherlich zutreffen, ist aber leider alles andere als ein Einzelfall – wer kennt z. B. schon Kaprálovás Lehrer Vilém Petrželka, Jan Hanuš, dem auf dieser Seite bereits ein umfangreiches Portrait gewidmet wurde, oder den exzellenten Sinfoniker Jaromír Podešva (die Liste ließe sich lange fortsetzen, es gibt eine Vielzahl sehr guter tschechischer Komponisten)? An nicht vorhandenen Aufnahmen liegt es eher nicht, denn das Schaffen dieser Komponisten ist mitunter bemerkenswert gut auf LP dokumentiert.

Auch später hat man sich in Tschechien immer wieder mit Kaprálovás Musik befasst; es gibt z. B. aus jüngerer Zeit eine empfehlenswerte Doppel-CD (herausgegeben vom tschechischen Rundfunk) mit einer Reihe von Orchesterwerken mit dem Philharmonischen Orchester Brünn, dirigiert von Olga Machoňová Pavlů, sowie eine Portrait-CD aus dem Jahre 1998 mit einem gemischten Programm (Studio Matous). Der entscheidende Punkt ist, dass alle diese Einspielungen interpretatorisch der Naxos-Veröffentlichung deutlich vorzuziehen sind. Nun steht am Ende dennoch außer Frage, dass die vorliegende CD Kaprálová deutlich stärker in den Fokus rücken dürfte als alle bisherigen Veröffentlichungen, allein schon wegen der Prominenz des Labels Naxos. Insofern hat diese CD sicherlich ihre Verdienste. Für einen ersten (positiven) Eindruck von Kaprálovás Schaffen eignet sie sich gut, will man sich aber näher mit dieser Musik beschäftigen, empfehle ich ausdrücklich die vorhandenen Alternativen.

[Holger Sambale, Januar 2022]

Meisterhafte Orchesterwerke einer Frühvollendeten [Rezensionen im Vergleich 1]

Naxos 8.574144; EAN: 7 4731341447 5

Eine außergewöhnliche CD mit knapp zwei Dritteln des Orchesterwerks von Vítězslava Kaprálová (1915–1940), die im Anschluss an das große, der früh verstorbenen tschechischen Komponistin gewidmete Festival in Ann Arbor aufgenommen wurde, hat Naxos vorgelegt; darunter die Ersteinspielung des Orchesterliedes Smutný večer. Außerdem erklingt unter Leitung von Kenneth Kiesler das Orchester der University of Michigan mit der Militär-Sinfonietta, dem Klavierkonzert (Solistin: Amy I-Lin Cheng), der Suite en miniature, dem kurzen Prélude de Noël sowie der Orchesterfassung des Liedes Sbohem a šáteček mit dem Tenor Nicholas Phan.

Die junge Tschechin Vítězslava Kaprálová galt nicht nur als ungewöhnliche kompositorische Hochbegabung, die nach anfänglichem Unterricht durch ihren Vater Václav Kaprál – selbst noch Schüler Janáčeks – bei Vítězslav Novák in Prag, schließlich in Paris bei Bohuslav Martinů studierte. Für ihr zweites größeres Orchesterwerk, der dem damaligen Präsidenten Edvard Beneš gewidmeten Militär-Sinfonietta, erhielt sie 1937 den prestigeträchtigen Preis der Smetana Gesellschaft – zusammen mit dem später in Auschwitz ermordeten Pavel Haas. Damit, nun quasi ihre Visitenkarte als Komponistin, trat die erst 22-Jährige zudem jeweils als erste weibliche Dirigentin – ihre Lehrer hierbei waren keine Geringeren als Zdeněk Chalabala und Charles Munch – der Tschechischen Philharmonie und dann 1938 beim IGNM-Festival in London des BBC Symphony Orchestra auf, wohin man sie als Repräsentantin ihres Landes empfohlen hatte. Schon dies machte sie sofort in ganz Europa bekannt. Im Oktober 1937 zog Kaprálová nach Paris, wo sie Privatunterricht bei Martinů nahm. Konnte sie mit ihrem Dirigierlehrer Munch auf Deutsch kommunizieren, reichten ihre Französischkentnisse für einen regulären Unterricht bei Nadia Boulanger jedoch nicht aus. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Nazis im März 1939 blieb sie in Paris und heiratete den Schriftsteller Jiří Mucha, Sohn des berühmten Jugendstil-Malers Alfons Mucha. Mit ersten Krankheitssymptomen evakuierte man sie 1940 vor dem Einmarsch der Deutschen nach Montpellier, wo sie am 16. Juni – wohl an Typhus – verstarb.

Zum einen der frühe Tod, zum anderen der Bann ihrer Musik als „dekadent“ durch die Kommunisten, sorgten dafür, dass Kaprálová alsbald in völlige Vergessenheit geriet – gerade in ihrem Heimatland. Trotz einiger berühmter Fürsprecher (Kubelik, Firkušný…) erlangte sie nie den Nimbus einer Kultfigur, wie etwa Lili Boulanger. Zum Glück hat sich das Blatt in den letzten Jahren komplett gewendet: Ihre immerhin 50 Werke fast aller Gattungen sind mittlerweile vollständig gedruckt; zur Zentenarfeier 2015 wurde ihre Musik weltweit in Erinnerung gebracht und ist nunmehr diskographisch ebenso halbwegs zugänglich. In Ann Arbor hatte man sogar innerhalb einer Woche das Gesamtwerk aufgeführt. Der Musikdirektor des University of Michigan Symphony Orchestra, Kenneth Kiesler, hat vor einigen Jahren mit einer exemplarischen Darbietung von Milhauds Orestie-Trilogie höchstes Lob geerntet; auch die Kaprálová-CD glänzt wieder mit einer gründlichen, musikalisch wie aufnahmetechnisch exzellenten Erarbeitung dieses Neulands. Die Leistungsfähigkeit amerikanischer Unis im Musiksektor ist einmal mehr wirklich beeindruckend.

Der viertelstündigen, einsätzigen Militär-Sinfonietta gelingt eine Verbindung zwischen einer nur noch in Grundzügen traditionellen Sonatenhauptsatzform und darin ansatzweise integrierter Viersätzigkeit. Gleichzeitig stellt sie, unterschwellig programmatisch, die Frage nationaler, tschechischer Existenz – just zu diesem geschichtsträchtigen Zeitpunkt. Die Harmonik bleibt weitgehend tonal bzw. modal, wobei Quartenstrukturen bereits eine wichtige Rolle zukommt. Das alles weist klare Bezüge zur Musik ihres Prager Lehrmeisters Novák auf, dabei mit selbstbewusster Eigenständigkeit. Das Klavierkonzert in d-moll von 1935 war Kaprálovás erstes Orchesterwerk, gleichzeitig ihr Dirigierdebüt in Brünn. Als Jugendliche hatte sie – mit deutlichen Einflüssen des Vaters – gelernt, effektiv und wirkungsvoll für Klavier zu schreiben; ihre grandiose Sonata appassionata war gerade fertiggestellt. Die Schreibweise des Konzerts folgt noch der Spätromantik. Der kurze, langsame Satz ist eigentlich nur die Introduktion zu einem großartigen Rondo, in dem dann kurz mal Jazzelemente aufblitzen – freilich längst nicht so radikal wie bei Jaroslav Ježek oder Erwin Schulhoff. Eine konsequente und geschickte Verarbeitung des Materials beherrscht sie vollkommen. Das dankbare und niemals oberflächliche Stück gelingt der Pianistin Amy I-Lin Cheng absolut überzeugend: kraftvoll, zugleich empfindsam in den lyrischen Passagen.

Die Suite en miniature aus demselben Jahr ist mehr als nur eine Instrumentation von vier älteren Klavierstücken – mit gravierenden, substanziellen Veränderungen. Das kurze Prélude de Noël entstand in nur einer Nacht, wurde sofort fürs Radio aufgenommen und Heiligabend 1939 gesendet. Den Höhepunkt der CD bilden dann allerdings die beiden Orchesterlieder – das erst 2006 entdeckte Smutný večer („Trauriger Abend“), anscheinend auf einen eigenen Text, sowie Kaprálovás sicher bedeutendstes Lied Sbohem a šáteček („Adieu und Tüchelchen“ – Text: Vítězslav Nezval). Hierin zeigt sich eine musikalische Reife, sowohl im Handwerklichen wie im präzisen, empathischen Nachspüren feinster emotionaler Momente der Lyrik, die es mühelos mit den besten Vertretern der Gattung dieser Epoche aufnehmen kann – zweifelsfrei echte Meisterwerke.

Der amerikanische Tenor Nicholas Phan verfügt nicht nur über die nötige Sensibilität für diese Klangwelt, sondern darüber hinaus über eine schöne, in allen Registern tragfähige Stimme, die einfach aufhorchen lassen muss. Nicht umsonst wurde der mit einem ungewöhnlich breiten Repertoire auftretende Künstler mehrmals für einen Grammy nominiert. Allein diese beiden Lieder würden den Rezensenten zu einer ausdrücklichen Empfehlung bewegen – die ganze CD erscheint fraglos als eine lang ersehnte Repertoire-Erweiterung, nicht nur für Freunde tschechischer Musik.

[Martin Blaumeiser, Januar 2022]