Ein alter Text aus Chios

Eleni Karaindrou: DAVID. Szenische Kantate für Soli, Chor und Orchester auf den Text eines unbekannten Dichters des 18. Jahrhunderts von der Insel Chios

Kim Kashkashian, Viola; Irini Karagianni, Mezzosopran; Tassis Christoyannopoulos, Bariton; Vangelis Christopoulos, Oboe; Stella Gadeni, Flöte; Marie-Cécile Boulard, Klarinette; Sonia Pisk, Fagott; Vangelis Skouras, Horn; Sokratis Anthis, Trompete; Maria Bildea , Harfe; Renato Ripo, Violoncello; Katerina Ktona, Cembalo.

ERT Choir, Antonis Kontogeorgiou (Chorleiter); Camerata Orchestra, Alexandros Myrat (Dirigent)

ECM New Series 2221 4814499; EAN: 0 28948 14499 0

Schon der Beginn dieser CD – geheimnisvoll und klangschön – lässt aufhorchen und gespannt sein, was alles folgt. Und das ist eine ganze Menge. Instrumentales und Chorisches, Solistisches vokal und instrumental, man möchte gerne die dazugehörige Aufführung auf DVD oder Blue Ray haben, um das Gesamtkunstwerk auch visuell erleben zu können, aber vielleicht kommt das ja noch.

Eleni Karaindrou wurde im Bergdorf Tichio geboren und wuchs in Athen auf. Sie studierte am Athener Konservatorium Klavier und Musiktheorie sowie an der dortigen Universität Geschichte und Archäologie. Von 1969 bis 1974 setzt sie ihre Ausbildung in Paris an der Sorbonne (Volksmusik) und der Schola Cantorum (Komposition) fort. Zurück in Griechenland, gründete sie das Laboratory for Traditional Instruments am ORA Cultural Centre. Seit 1975 komponiert sie Theater- und Filmmusik.

Mit der Bratschistin Kim Kashkashian arbeitete sie schon öfters zusammen, und ihre Klangsprache bewegt sich auf den verschiedensten Ebenen, wobei sie keine „Berührungsängste“ kennt. Die szenische Kantate „David“ nach einem auf der Insel Chios gefundenen Libretto aus dem 18. Jahrhundert beschäftigte die Komponistin 36 Jahre lang, ehe die Uraufführung 2016 in Athen stattfand. Die Verse des anonymen – wahrscheinlich – katholischen Dichters von der Insel Chios dürften größtenteils ursprünglich gesungen worden sein, und die Komponistin vermutet Einflüsse der damaligen Barockmusik. Sie selber bedient sich einer durchaus zeitgemäßen Tonsprache, wie man sie von ihr kennt, und der Zuhörer hat keinerlei Schwierigkeiten, das Geschehen als Ganzes zu verfolgen. Der bei der Aufführung die Teile verbindende Sprecher fehlt auf der CD. Ergänzend zum Booklet-Text spricht Eleni Karaindrou nicht nur den Solisten, sondern auch dem Produzenten Manfred Eicher ihren Dank für die Unterstützung ihres großen Projektes aus.
Das Ganze besteht aus 13 Abschnitten beginnend mit einer Ouvertüre und endet mit  dem Finale für Mezzo-Sopran, Bariton, Trompete, Chor und Orchester. Die Klangsprache der Komponistin ist sehr farbig, spannend und mitnehmend. Der griechische Text ist in englischer Übersetzung beigegeben und erleichtert das Verständnis des Werks enorm.

Im Ganzen also eine sehr spannende, unterhaltliche „Oper“, die diejenigen Lügen straft, die meinen, man könne so etwas heutzutage gar nicht mehr komponieren, und wenn ja, dann nur so, wie man es bei manchen Werken der modernen Oper schreckerfüllt hinnehmen  zu müssen meint.
[Ulrich Hermann April 2017]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.