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Romantische Musik für Violoncello und Gitarre

Ars Produktion, ARS 38 620, EAN: 4 260052 386200

Unter dem Titel „Amoroso“ präsentieren Nicole Peña Comas (Cello) und Damien Lancelle (Gitarre) ein einstündiges Programm von 18 Arrangements für Cello und Gitarre. Dabei handelt es sich um eine bunte Mischung von Genrestücken und Liedbearbeitungen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Wenn die aus der Dominikanischen Republik stammende, mittlerweile in Wien lebende Cellistin Nicole Peña Comas auf ihrem neuen Album romantische Musik für Violoncello und Gitarre vorstellt, dann ist dies insbesondere aus zwei Gründen ausgesprochen reizvoll. Zum einen erweist sich die erst einmal eher randständige Kombination von Violoncello und Gitarre als sehr apart; die beiden Instrumente ergänzen sich vorzüglich zu einem ebenso warmen wie intimen, im besten Sinne hausmusikartigen Klangbild. Die Bandbreite ist hier wesentlich größer als man annehmen könnte, so haben etwa Marek Jerie und Konrad Ragossnig bereits vor Jahren ein Werk wie Schuberts Arpeggione-Sonate exquisit in dieser Besetzung dargeboten. Zum anderen ist die Wahl des Repertoires aus cellistischer Sicht erfreulich, weil hier u.a. eine Reihe von Piècen des Cellisten August Nölck (1862–1928) vorgestellt werden, der manchem Celloschüler ein Begriff sein dürfte, dessen Werk aber diskographisch eher spärlich erschlossen ist. Die Gitarre spielt Peña Comas’ Ehemann Damien Lancelle, aus dessen Feder auch die Bearbeitungen stammen.

Nölcks Amoroso, eine Valse lente, mit der die CD beginnt und nach der sie auch benannt ist, repräsentiert exemplarisch die beiden Schwerpunkte des Programms (und bildet insofern einen ungemein passenden Anfang). Im Vordergrund steht der Themenkreis Liebe, etwa in Form von Liebesliedern oder Liebesgrüßen, aber auch im weiteren Sinne wie in Berceusen, Serenaden, „sentimentalen“ oder „(ap-)passionierten“ Stücken. Dies umfasst Klassiker wie Elgars Salut d’amour, Kreislers Liebesleid, zwei Liedbearbeitungen aus Schumanns Myrthen, Tschaikowskis Valse sentimentale und sogar ein Arrangement von Liszts drittem Liebestraum. Mit zwei sehr hübschen Arrangements von Liedern von Satie und Poulenc ist auch Frankreich in der Sammlung enthalten, mit Amy Beachs Berceuse op. 40 Nr. 2 zudem eine kleine Seltenheit aus Amerika.

Der zweite Schwerpunkt des Programms liegt wie erwähnt auf selten gespielter Musik von Cellisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, und so kann die CD auch als eine kleine Nölck-Hommage betrachtet werden. Vorgestellt werden insgesamt sechs seiner Stücke, im Original allesamt für Violoncello und Klavier komponiert, hübsche, gefällige, unmittelbar ins Ohr gehende kleine Piècen, die gerne mit nationalem Kolorit arbeiten, siehe etwa die Spanische Serenade (wobei auch das Ständchen einen spanischen Einschlag aufweist), die Mazurka und natürlich die die CD beschließende Ungarische Czárdas-Fantasie, das mit etwa sieben Minuten umfangreichste und virtuoseste Werk dieser Zusammenstellung. Daneben haben auch zwei Stücke des Cellisten Georg Goltermann (1824–1898, sein Cellokonzert Nr. 4 ist beliebte Unterrichtsliteratur) Eingang in das Programm gefunden. Irgendwo zwischen den beiden Polen der CD darf man schließlich Saint-Saëns’ ebenso beliebtes wie effektvolles Allegro appassionato ansiedeln.

Die Bearbeitungen sind insgesamt gekonnt gearbeitet und klanglich gut auf die Kombination beider Instrumente abgestimmt. Neben der Transkription des Klavierparts auf die Gitarre beweisen die Arrangements auch Sinn für allerhand reizvolle Details wie etwa die sanften Cello-Pizzicati am Ende der Widmung aus Schumanns Myrthen, die dem Schluss eine leicht weihevolle Aura verleihen, oder die effektvoll-dramatischen Akzente, die in der Czárdas-Fantasie wohl durch Einsatz von Rasgueado erzeugt werden. Das auf den ersten Blick womöglich ungewöhnlichste Arrangement dürfte wohl dasjenige von Liszts Liebestraum Nr. 3 sein, ist diese Musik doch erst einmal deutlich vom Klavier her gedacht. Für Cello und Gitarre bearbeitet verwandelt sich das Stück in eine Art langsamen Walzer in D-Dur, der sich gut in den Kontext dieser CD fügt.

Peña Comas spielt ihren Part mit warmem, rundem, gesanglichem Ton, schön etwa gleich das einleitende Amoroso oder die Bearbeitungen der Lieder von Schumann, Satie und Poulenc, um nur einige Beispiele zu nennen. Die romantische Seite dieser Musik kostet sie voll aus, auch zum Beispiel in Form von bewusst eingesetzten Glissandi (vgl. etwa Goltermanns Capriccio). Lancelle begleitet sie ausgesprochen einfühlsam, und so ergibt sich oftmals ein sehr schönes Dialogisieren der beiden Instrumente. Das Begleitheft der CD liefert neben einem kurzen Geleitwort die Biographien der beiden Künstler. Der Korrektheit halber sei erwähnt, dass Nölcks Mazurka genau genommen sein op. 120 Nr. 5 ist; auch dies also Teil einer Kollektion von kleineren Vortragsstücken. Der Klang der CD entspricht dem sehr guten Standard moderner Produktionen.

Insgesamt ein sehr hübsches, kammermusikalisch-intimes Programm, von dem man sich gut unterhalten fühlen darf.

[Holger Sambale, Januar 2023]