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Der Virtuose und der Jazzer

Grand Piano, GP781; EAN: 7 47313 97812 0

Roberto Esposito: Piano Concerto ‘Fantastico’; Budapest Scoring Symphonic Orchestra, Eliseo Castrignanò (Leitung), Roberto Esposito (Klavier)

 Für Grand Piano Overtone spielt Roberto Esposito seine eigene Musik: Gemeinsam mit dem Budapest Scoring Symphonic Orchestra unter Eliseo Castrignanò führt er sein Klavierkonzert Nr. 1 fis-Moll ‚Fantastico‘ auf, zudem hören wir seine Klaviersonate Nr. 1 B-Moll und Indigo Mirage.

Die Musik von Roberto Esposito beruht auf der romantischen und post-romantischen Tradition des 19. und 20. Jahrhunderts. Die klassischen Formmodelle spielen ebenso eine zentrale Rolle wie das Virtuosentum, das den Solisten ins Zentrum rückt. Esposito vermengt diese Musik mit Einflüssen aus dem Swing und Jazz, Duke Ellingtons Nachhall wirkt in jedem Satz des 1984 geborenen Italieners. Das Klangresultat schwankt zwischen Rachmaninoff und Ellington – uneinig, wohin die Reise nun gehen soll. Esposito arbeitete vor allem den Klavierpart aus, in welchen pianistische Anforderungen aus mehreren Jahrhunderten der Musikgeschichte einfließen. Somit gibt diese Stimme große Kenntnis über die bekannten Klavierkonzerte der Romantik preis. Das Orchester hingegen wirkt abgesehen einiger klangschöner Momente beiläufig behandelt, es dient dem Effekt und der Begleitung. Anders als im Klavierkonzert hören wir in der Klaviersonate auch modernistische Eindrücke, insgesamt ist der Jazz hier präsenter. Improvisatorische Elemente finden sich hingegen in beiden Stücken. Esposito besetzt Indigo Mirage mit Orchester und schreibt auch Live Electronics vor, der Eindruck erinnert an ein Stück Filmmusik: Nett anzuhören, wenngleich ohne wirkliche Substanz.

Die Musikgeschichte bietet Einblick in zahlreiche Versuche, Klassik und Jazz zu verbinden, man denke allein an Milhauds Creation du monde, an Debussy und Ravel, an Strawinski und Antheil oder von der anderen Seite aus an Duke Ellington oder George Gershwin. Gemeinsam haben die Werke dieser Komponisten, dass die beiden Welten in ihnen nahtlos ineinander überfließen und eine Symbiose bilden, sowie, dass die einzelnen Teile kaum mehr voneinander zu trennen sind. Dies vermisst man noch bei Roberto Esposito: Der Virtuose und der Jazzer in ihm mögen sich nicht so recht vereinen, abrupt nimmt der eine dem anderen das Wort. Doch wenn es Esposito gelingt, den Jazz subtil in die Welt des 19. Jahrhunderts einzubeziehen und die Musik damit zu würzen, wird sich das spürbare Potential in dieser Musik entfalten können.

[Oliver Fraenzke, Juli 2018]

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