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Kulturelle Brücken im Ostseeraum: Ein Besuch beim Usedomer Musikfestival 2021

Das Usedomer Musikfestival schlägt seit seiner Gründung immer wieder neue kulturelle Brücken zwischen den Ländern des Ostseeraums. Wer irgendwann zwischen September und Oktober für eine Weile an die Ostseeküste reist, erlebt jene Vielschichtigkeit, für die das Usedomer Musikfestival im ganzen Ostseeraum zu einer Marke geworden ist. Auch im letzten Jahr traf dies unter eingeschränkten Bedingungen zu. Jetzt sind fast alle Grenzen wieder offen – umso mehr durchströmte die jüngste, 28. Festivalausgabe die Aura eines umfassenden Neustarts.

„Es fühlt sich alles wieder so wie damals an, als gerade die Grenzen offen waren und wir endlich hierhin kommen konnten“, beschreibt der litauische Komponist und Dirigent Gediminas Gelgotas die neue Aufbruchstimmung. Gelgotas, aber auch der weltberühmte Cellist David Geringas präsentierten in hervorragender Weise den diesjährigen Länderschwerpunkt Litauen. Aber auch die Nachbarschaft zum nahen Polen wirkt auf Usedom in engagierten Kooperationen gepflegt. Zu Beginn des diesjährigen Besuches ging es über die Grenze ins schmucke Kulturzentrum von Swinoujscie (Swinemünde) – einer hellwachen Fast-Großstadt, in der sich gerade alles rasant nach vorne entwickelt. David Geringas, Artist in Residence und einer der Weltstars auf dem Violoncello, der u.a. Sol Gabetta ausbildete und prominenter Schüler des „Jahrhundert-Cellisten“ Mstislaw Rostropowitsch war, zeigte sich bei einem Kammermusikabend in einer Traumbesetzung zusammen mit Dylan Blackmore (Violine), Hartmut Rohde (Viola) und Vytautas Sondeckis (Violoncello) als musikalischer Partner unter Freunden, der seine Kunst mit jüngeren Generationen teilt. Ein selten gehörtes Beethoven-Trio für Viola und zwei Violoncelli überrascht mit einer interessanten „Emanzipation der Mittellage“. Ein Steichquartettsatz von Peter Tschaikowski und eine von Geringas neu arrangierte Tschaikowski-Humoresque widerspiegelt in der Tonsprache des russischen Komponisten die Programmatik dieses Festivals, bei dem sich Weltoffenheit und Bekenntnis zu den eigenen kulturellen Wurzeln vereinen. Vytautas Barkauskas Drei Fragmente für Viola und Violoncello wurden bereits vor etwa zehn Jahren auf Usedom aufgeführt, aber dieses Stück markiert immer noch ein kraftvolles Statement für die forschende Gegenwart dieses Festivals. David Geringas vergleicht die menschlichen Verbindungen solcher Kammerbesetzungen mit jenen berühmten Schubertiaden – Schuberts Hauskonzerte im verständigen Kreise. Ein solcher Communitygeist setzt sich alljährlich beim Cellisten-Meisterkurs auf Schloss Stolpe im weiten Hinterland der Insel fort.

Am Anfang stand der Wunsch, in einer attraktiven, aber strukturschwachen Region die Kultur zu beleben, damit es hier noch mehr gebe als den traditionellen Bädertourismus mit seiner heute aufwändig herausgeputzten Infrastruktur. Ein Verein wurde gegründet. Immer mehr Akteure in der Region ließen sich von der Idee eines weltoffenen Musikfestivals mitreißen. Heute machen sich unter anderem viele traditionelle Bäderhotels, eine breite Unternehmerschaft, aber auch Bund, Länder und Gemeinden sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk für das Festival stark. Das hält auch den Publikumszulauf auf überregionalem, ja internationalem Level. Dieses Engagement hat aktuell auch die Aufmerksamkeit des „Europäischen Kulturmarken Award“ erregt.

Nordic String Quartet

Weit geht es hinaus in die Landschaft dieser Insel. An besonderen Orten das Herausragende erfahrbar oder erst möglich machen, das kann dieses Festival. Was sich vor allem beim Auftritt des Nordic String Quartett zeigte, dessen Mitglieder aus Dänemark und von den Färöer-Inseln stammen. Heidrun Petersen (Violine), Mads Haugsted Hansen (Violine), Daniel Eklund (Viola) und Lea Emilie Brøndal (Violoncello) musizieren in der kleinen Kirche im Seebad Zinnowitz – und es war so, als wenn es kein Morgen gebe: Zunächst baute eine zeitgenössische Komposition trickreich auf einem frühbarocken Kanon von Johannes Pachelbel auf, der zunehmend eine improvisatorische Unterwanderungen erfährt. Carls Nielsens sehr geschmeidig daher kommendes nordisch-romantisches Quartett baut die Brücke zu einem wahrhaft kolossalen Erlebnis mit Musik: Franz Schubert komponierte sein freigeistig-überschwängliches Streichquartett Der Tod und das Mädchen eben in einer Ausdrucksweise, als würde es kein Morgen geben. Eine Einsicht, die selten so unmittelbar jede Nervenzelle durchdringt, wie in dem Moment, wo sich das Nordic String Quartet dieser einzigartigen, mächtigen Musik annimmt.

Jan Garbarek (Saxofon) und Trilok Gurtu (Schlagzeug)

Im letzten Jahr war Norwegen Länderschwerpunkt – aber durch die Reiseverbote fielen viele Programmpunkte aus. Welcher Verlust ein Ausfall der Jan Garbarek Group gewesen wäre, offenbarte sich in einem modernen, funktionalen Ort kurz vor der polnischen Grenze, nämlich in der Lokhalle der regionalen Bäderbahn, welche die Küstenorte verbindet: Der norwegische Saxofonist Jan Garbarek, ebenso der indisch-stämmige, in Hamburg lebende Schlagzeuger Trilok Gurtu sowie Reiner Brüninghaus am Piano und der Brasilianer Yuri Daniel am E-Bass ziehen hinein in einen charismatischen, tief lyrischen Sog, der aber durch eine bestens geölte Bandchemie auch mit mächtigem Abgehfaktor gesegnet ist. Hier lebt es wieder, das Anliegen dieses Festivals: Nämlich kulturelle Einflüsse zusammen zu bringen, die scheinbar sonst weit weg voneinander scheinen: Ein starkes Gegengewicht zur verklärten Melancholie im Spiel Jan Garbareks ist jene indisch beeinflusste polymetrisch ausdifferenzierte Rhetorik des Schlagwerkers Trilok Gurtu, der regelmäßig mit neuen eigenen Projekten überrascht. Der enthusiastischste Applaus kam auf jeden Fall von den polnischen Fans – da zeigte sich, dass in Polen Jazz (und alles, was darüber hinausgeht) viel mehr als nur Nische ist.

„Ich habe in meinem Heimatland einen fabelhaften Klarinettisten entdeckt. Deswegen rief ich die Professorin Sabine Meyer ein, um diesen besonders begabten Absolventen der Rostropowitsch-Stiftung für ein Studium zu empfehlen“, beschrieb David Geringas die Vorgeschichte, welche den litauischen Klarinettisten Žilvinas Brazauskas zum Studium nach Lübeck führte. Und eben auch zum Usedom-Festival, wo ein alljährlicher Musikpreis seitens der Oscar- und Vera Ritter-Stiftung die „Education“-Bestrebungen zugunsten hoffnungsvoller Karrieren und produktiver Synergieeffekte abrundet. Was hierbei wohl Kriterien sein mögen, braucht man gar nicht weiter hinterfragen – denn das stellen Brazauskas und sein italienischer Klavierpartner Matteo Gobbini in der Kirche von Heringsdorf mitreißend unter Beweis: Beiden jungen Interpreten geht es um weit mehr als um perfekte Instrumentenbeherrschung – sondern auch um Erkundung neuer Möglichkeiten gepaart mit kreativer Bühnenpräsenz. Herausfordernd waren die Werke des Mammutprogramms in der Heringsdorfer Kirche allemal – unter anderem zeitgenössische Klangstudien von Vytautas Germanavicius, wo der Solist sich einer raffinierten Zirkularatmungstechnik bediente, und David Lang, eine spektakuläre Demonstration von simulierter Mehrstimmigkeit auf der Bassklarinette.

Ein Festival hat seine Mission erreicht, wenn sich bei aller Vielfalt der künstlerischen Ansätze und musikalischen Farben verbindende Aspekte herauskristallisieren. Im aktuellen Fall ist es die elementarste musikalische Praxis des Gesangs: Gesungen hatten die Cellisten des Geringas-Meisterkurses am Ende ihres Workshop auf Schloss Stolpe. Trilok Gurtu, Schlagzeuger bei der Jan Garbarek Group demonstrierte in ausgiebigen Soloparts die klassische vokale Rhythmisierungskunst. Und Žilvinas Brazauskas legte schließlich die Klarinette beiseite, um als Zugabe ein getragenes litauisches Volkslied anzustimmen. Und Litauen im Ganzen hat sich Anfang der 1990er Jahre von der sowjetischen Fremdherrschaft nicht zuletzt durch eine friedliche „Singende Revolution“ befreit.

Gediminas Gelgotas dirigiert das New Ideas Chamber Orchestra

Darauf wies Gediminas Gelgotas vor seinem spektakulären Konzert mit dem New Ideas Chamber Orchestra hin. Auch dessen Mitglieder erheben immer wieder – ergänzend zu ihrer „magisch“ wirkenden Streicherkunst – ihre Stimmen. Im New Ideas Chamber Orchestra, welches Gelgotas nicht nur dirigiert, sondern dafür auch exklusiv die Musik scheibt, performen, ja choreografieren die Mitglieder ihre Musik, während man Notenständer vergeblich sucht. Eine melancholische Philip Glass Nummer versetzt zu Beginn in ergreifende Trancezustände. Danach offenbaren viele von Gelgotas Eigenkompositionen tänzerische, aufrührerische, manchmal auch durchaus pop-affine Facetten in einem wirkungsmächtigen Koordinatensystem aus Minimal Music und dem von litauischen Einflüssen genährten Personalstil von Gelgotas. Als Höhepunkt musiziert David Geringas eine flammenden Solopart. So klingt es, wenn ein Ausnahmemusiker, der auch im Alter von 75 Jahren noch beständig neu dazu lernt, sich wieder in seiner Beschäftigung als Musiker (und auch mit Musikerinnen und Musikern) neu geboren fühlt – wie er selbst diesen Prozess im Gespräch beschrieb.

Stefan Pieper [Oktober 2021]

Zehn Länder – ein Meer. 25 Jahre – ein Festival

Der Wegfall des eisernen Vorhangs schaffte die Voraussetzungen: Seit 25 Jahren vereint das Usedomer Musikfestival die Kultur(en) aus dem ganzen Ostseeraum. Vor zehn Jahren gründete der gebürtige Estländer Kristjan Järvi im Rahmen dieses Festivals sein Baltic Sea Philharmonic, das ebenfalls seine künstlerische Energie aus der Tatsache eines gemeinsamen Meeres schöpft. Das alles sind aktuell Gründe genug zum Feiern und Weitermachen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ es sich nicht nehmen, diesjährigen Festivaleröffnung nach Peenemünde anzureisen – und sie appellierte in ihrer Laudatio an Toleranz und Völkerverständigung.

Nach Peenemünde reist man gerne mal mit einer falschen Erwartungshaltung: Jener Ort auf Deutschlands östlichster Insel Usedom ist alles andere als ein lauschiges Hafenstädtchen – eigentlich gibt es dort nur ein erstarrtes Fabrikareal mit einem kolossalen Kraftwerk im Zentrum. Die Geschichte dieses Ortes ist eine unschöne: Hier haben die Nazis an ihren sogenannten „Wunderwaffen“ gearbeitet, vor allem an der berüchtigten V2, einer Massenvernichtungswaffe. Was andererseits wieder der Weltraumtechnologie den Weg bereitet hat.

„Ich möchte einer solchen Vergangenheit die Energien von heute entgegensetzen“, formulierte  Kristjan Järvi im Gespräch seinen eigenen Anspruch an den Eröffnungsabend. Seit 10 Jahren ist Järvis Baltic Sea Philharmonic ständiger Bestandteil dieses Festivals, ist in bestem Sinne „erwachsen“ geworden.  Aber er solle auch nicht zu erwachsen werden, wie Järvi dezidiert klarstellt: „Meine eigenen Kinder vermitteln mir, dass Erwachsenwerden doch meist gar nicht so gut tut“. Die Konsequenz: Eine gewisse künstlerische Verrückheit ist beim Baltic Sea Philharmonic Programm. Die aktuelle Devise lautet: Weg mit den Notenständern!

Was bei einer Aufführung von Strawinskys Feuervogel Premiere hatte, wurde beim  Eröffnungskonzert in Peenemünde mit Jean Sibelius Konzertsuite „Der Sturm“ konsequent weiter entwickelt. Charismatisch angestachelt, freudig entfesselt, meist auch von einer festen Sitzposition auf dem Podium losgelöst, bringen die jungen Musikerinnen und Musiker dieses (durchaus sibelius-untypische!) Kaleidoskop aus nordischer Melancholie, aber eben auch viel tänzerischer Emphase kontrastreich und impulsiv zum Leuchten. Das Hörerlebnis wirkt verändert durch dieses auswendige – und damit auch optisch  nregende –  musikantische Spiel. Zwar tritt das  detailverliebt-analytische etwas zurück, dafür wächst die atmende, singende Dimension. Einmal so in Fahrt, setzt das Baltic Sea Philharmonic noch eins drauf, um das Publikum zum Ausrasten zu bringen – und zwar in Imants Kalnins „Rock Symphony“. Dieses Stück ist so, wie es heißt. Seine Aufführung riss in Peenemünde riss einmal mehr den sinfonischen Klangkörper aus der bildungsbürgerlichen Schublade raus.

Auch zuvor, diesmal allerdings mit Noten, wurde demonstriert, dass zeitgenössische Musik eben nicht im abstrakten Elfenbeinturm stattfinden braucht, sondern auch bewegen, mitreißen, emotionale Berge versetzen kann. Minimalistische Texturen mit tänzerischen, fast balkanesken Farben aufzuladen, ist Sache des polnischen Komponisten Wojciec Kilar und seines Stückes Orawa. Ein ebenenfall noch sehr junges, mittlerweile vielgefragtes Werk will gemäß dem Credo von Kristjan Järvi, in Musik die elementaren Kräfte der Natur wieder beleben: In diesem Fall ist es Geldiminas Gelgotas 2016 uraufgerührte Komposition „Mountains, Waters, Freedom“. Auch hier entsteht elektrisierende Spannung aus repetitiven Strukturen. Voll treibender Sogkraft gepaart mit großer, anspielungsreicher Klangsinnlichkeit. Nicht „zu erwachsen“ im Umgang mit Kompositionen zu werden heißt auch, einschlägige Meisterwerke für vorhandene Potenziale passend zu machen, um Wirkungen zu maximieren. Hier waren es vor allem die elektrisierenden Violinarpeggien der Norwegerin Mari Samielson, welche Pärts meditative Texturen ganz neu aufleuchten ließen. Cineastischer, sonniger, wärmer, leuchtender setzte das Orchester Järvis eigene Komposition „Aurora“ in Szene, machte damit den einstigen Schauplatz der Kriegsproduktion zu einem Ort der Wärme und Menschlichkeit.

Das Meer soll nichts trennendes sein beim Usedomer Musikfestival, welches – von der östlichsten deutschen Ostseeinsel ausgehend –  bewusst Interpreten, Komponisten und Ensembles aus allen zehn Anrainernationen vereint. Thomas Hummel und sein Partner Jan Brachmann sind ein eingespieltes Team, um mit diesem Festival die Region kulturell zu beleben und dabei überregionale, ja internationale Anziehungskraft zu generieren. Die Aufbruchstimmung nach Grenzöffnung und Wiedervereinigung war über aus fruchtbar, um hier etwas nachhaltiges entstehen zu lassen. Dass auch in Amerika und anderswo der Name Usedom einen Klang hat, dafür sorgt etwa  Kurt Masur, der schon in der Gründungsphase als Schirmherr und Förderer gewonnen werden konnte.

Wenn an solch geschichts- und schicksalsträchtigen Spielstätten wie der ehemaligen „Heeresversuchsanstalt“ musiziert wird, liegen politische Botschaften nah. In dieser Hinsicht hat in Peenemünde so manch symbolträchtige Aufführung Musikgeschichte geschrieben –  allen voran ein Konzert mit Benjamin Brittens „War Requiem“ durch den russischen „Jahrhundert-Musiker“ Mstilav Rostropovich unter Beteiligung eines Chores aus Coventry. Bekanntlich gab es in dieser britischen Stadt besonders viele Zivilopfer durch deutsche Bombenangriffe.

Kultur- und Naturerlebnis gehören während der zwei Festivalwochen auf Usedom, aber auch auf der polnischen Nachbarinsel Wollin, untrennbar zusammen. Die Spielorte sind weit über die Landschaft verstreut, die ohnehin eine wunderbare Abgeschiedenheit jenseits aller Großstadthektik atmet. Einen Tag nach dem Eröffnungskonzert gab es in einem kleinen Kirchlein im Dorf Liepe ein spektakuläres Gastspiel: Die 27jährige Chinesin Hanzhi Wang definiert auf einem Akkordeon dessen spielerische und dynamische Möglichkeiten ganz neu. Wie sie Bachs c-Moll-Partita auf diesem Instrument atmen lässt, das lässt so manchen Organisten alt aussehen. Und dann liefert sie eine mutig-zupackende Interpretation von Sofia Gubaidulinas „De Profudis“. Hier kommen sich das unmittelbare, geräuschhafte Klangereignis und eine spirituelle melodische Zartheit fast beängstigend nah!

Solche jungen Talente prägen nicht von ungefähr den hohen Standard beim Usedomer Musikfestival. Kurt Masur war es, der die New Yorker „Young Concert Artists Stiftung“ ins Boot holte. Hier kommen die Besten aus dem Musiknachwuchs aller Länder zusammen. Die Gründerin und Kuratorin der Stiftung ist Susan Wadsworth, die auch zum Publikum im Lieper Kirchlein gehörte. Sie definierte im Gespräch, worum es geht: „Es muss jenseits aller heutigen Perfektion das Besondere aufleben und der Funken überspringen. Solche Qualitäten hat jemand oder nicht.“

Die Entdeckungsreise führte weiter ins kleine Dorf Krummin – direkt am Achterwasser gelegen, einem großen, vor allem bei Seglern beliebten Binnengewässer. Auch hier hatte die Young Concert Artists Stiftung für Weltklasse gesorgt: Denn eine solche boten die Violinistin Soobeen Lee und ihre Klavierpartnerin Dina Vainshtein. Dieses vor Selbstbewusstsein strahlende Spiel, welches sich in Beethovens Sonate G-Dur erhebt und in Eugene Ysayes „Poème Elegique“ berückende Tiefen durchmisst, welches in Bartoks Rhapsodie Nr. 1 lodernden tänzerischen Schwung entfesselt und schließlich in Camille Saint-Saens Sonate für Violine und Klavier so viele schwärmerische Erregungsszustände auftürmt – das zeugt einmal mehr von begnadeter, beglückender Reife. Wie alt die junge Dame ist? Gerade 17 geworden.

Das Usedomer Musikfestival vereint viele Schauplätze und Kontexte, rangiert auch gerne mal zwischen den Stühlen, wenn Jazz und anderes geboten wird. Die Spielstätten sind gleichberechtigt verteilt zwischen Usedom und der polnischen Nachbarinsel Wollin. Wer im Strandkorb im alten deutschen Kaiserbad Bansin die letzte wärmende Herbstsonne genießt, sieht in der Ferne die Hafenkräne im polnischen Swinousce. Dort ragt auch das schicke, neue „Radisson Blue Resort“ in den weiten Himmel empor, ebenfalls eine Aufführungsstätte beim Usedomer Musikfestival.

Im Seebad Heringsdorf bildet zurzeit eine Fotoausstellung die gesamte Historie des Festivals ab.

Die gesamte Geschichte des Festivals bilanziert ein ausführlicher Sammelband – siehe Literaturtipp unten. Am 13. Oktober endet das 25. Usedomer Musikfestival wieder dort, wo es begonnen hat –  nämlich im Kraftwerk des Museums Peenemünde: Mit dem großen Abschlusskonzert mit der NDR Radiophilharmonie unter Robert Trevino und dem Violinisten Sergey Dogadin.

Wer jetzt Reisepläne fürs nächste Jahr schmiedet, sollte sich den Zeitraum vom 21. September bis 12. Oktober 2019 vormerken für das 26. Usedomer Musikfestival. Hochkarätige Gastspiele des Baltic Sea Philharmonic gibt es aber das ganze Jahr hindurch – wichtige Termine sind der 26. Juni 2019 in der Berliner Philharmonie und der 2. Juli 2019 in der Hamburger Elbphilharmonie.

[Text und Fotos: Stefan Pieper]

 

 

Infos und komplettes Programm unter
www.usedomer-musikfestival.de

 

 

Buchtipp:

25 Jahre Usedomer Musikfestival,
10 Länder- ein Meer, 25 Jahre – ein Festival
hrsg.v. Förderverein Usedomer Musikfestival