Schlagwort-Archive: Clara Schumann

Gleichgültigkeit statt Romantik

Thorofon, CTH2649; EAN: 4 003913 126498

„Sie liebten sich beide.“; Robert & Clara Schumann, Johannes Brahms; Cornelia Lanz (Mezzosopran), Stefan Laux (Klavier)

 

Die Mezzosopranistin Cornelia Lanz und der Pianist Stefan Laux spielen Lieder der deutschen Romantik um Schumann. Auf dem Programm stehen Robert Schumanns Zyklus „Frauenliebe und -leben“ op. 42, vier Lieder aus op. 13 von Clara Schumann sowie eine bunte Auswahl an Klavierliedern von Johannes Brahms.

Es ist die berühmteste ‚Dreiecksbeziehung‘ der europäischen Musikgeschichte: Noch immer ranken sich Gerüchte darum, was zwischen Clara Schumann und Johannes Brahms tatsächlich geschehen ist. Robert Schumann entdeckte den jungen Brahms und setzte sich für dessen Erfolg ein, was eine lebenslange Freundschaft zwischen den beiden Kollegen zur Folge hatte. Intensiver scheint allerdings die Verbindung zwischen Brahms und Schumanns Frau Clara gewesen zu sein – vor allem von Brahms‘ Seite aus, was Briefe zeigen, ebenso wie Widmungen und der finale Entschluss, Frauen und Liebe zugunsten des Komponierens aufzugeben.

Entsprechend regelmäßig hören wir Werke dieser drei Komponisten zusammen auf einem Programm, so auch in dieser Aufnahme. Bei der Hintergrundgeschichte und den romantischen Themen der Lieder erwarte ich entsprechend eine dramatische, emotional aufgeladene Darbietung, in der Gefühle von unglücklicher Liebe mitschwingen. Ich werde überrascht und ernüchtert, als ich höre, welch eine Gleichgültigkeit mir von der CD entgegenklingt. Nichts kommt herüber zum Hörer von den zutiefst menschlichen Abgründen, die sich in den Gedichtsvertonungen auftun, die Emotionen wirken nicht glaubhaft. Es scheint, die Musiker hätten keinerlei Bezug zu der von ihnen gespielten Musik, kein Verlangen, sich selbst darin zu finden und auszudrücken. Wobei allgemein wenig in den Stücken gesucht wurde: Die Mezzosopranpartie klingt hektisch und das Klavier eintönig. Ich frage mich: Wenn man als Musiker nichts auszusagen hat, warum sucht man sich dann ein Programm aus, das von der Aussage lebt?

[Oliver Fraenzke, Oktober 2018]

    Bestellen bei jpc

Durch und durch leidenschaftlich

Genuin Classics, GEN 17464; EAN: 4 260036 254648

Auf der neuesten CD der deutsch-koreanischen Konzertpianistin Caroline Fischer sind die Appassionata Op. 57 und die Pathétique Op. 13 von Ludwig van Beethoven sowie die Romance variée Op. 3 und die g-Moll-Sonate Op. 22 Robert Schumanns zu hören.

Der Titel der vorliegenden CD entspricht dem Spiel Caroline Fischers trefflich: Piano Passion. Leidenschaft ist die Maxim der deutsch-koreanischen Pianistin, die sich vor allem von Inspiration und Intuition treiben lässt. Gerade durch letzteres entstehen einige fesselnde Momente, die innerlich erspürt und dem Hörer nachvollziehbar vermittelt werden. Andererseits lässt das Vertrauen auf Intuition auch manche Oberflächlichkeit oder Effekthascherei zu. So kann Fischers Klavierspiel schwerlich als einheitlich beschrieben werden, zu erwarten bleibt immer neues und unerwartetes Agieren. Kristallklares Rauschen und vorwärtsgerichtetes Brausen sind gerade in den Ecksätzen anzutreffen, Fischers Anschlag bleibt dabei durchgehend luzide und leicht. Sensibel besticht sie mit eben diesem im Finale der Appassionata und in Schumanns g-Moll-Sonate, lediglich der Kopfsatz von Beethovens Opus 57 erscheint nivelliert und phasenweise orientierungslos. In der Romance variée Op. 3 von Clara Schumann unterstreicht sie die Weiblichkeit dieses Werkes, welches ganz auf der Höhe der Zeit komponiert und mit allen musikalischen wie pianistischen Herausforderungen gespickt ist. In Beethovens und Robert Schumanns Musik meißelt sie jedoch nicht weniger das Männliche und unbeirrbar Entschlossene heraus, lässt Akkorde wuchtig schmettern (wenngleich sie die berühmten engen Akkorde in der Tiefe bei Beethovens Sonaten durch Betonung der Höhen abmildert) und ein kraftvolles Forte ertönen. Caroline Fischer holt manches versteckte Detail hervor und begegnet den allesamt nicht selten zu hörenden Werken auf eine ganz individuelle Weise, gibt ihnen eine persönliche und eigene Note, die durchaus für neue Erkenntnisse sorgen kann.

[Oliver Fraenzke, August 2017]