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Kinderlachen

Carl Reinecke (1824-1910)
Die wilden Schwäne op. 164
Dichtung nach Hans Christian Andersens Märchen von Karl Kuhn
Für Soli, Frauenchor, Harfe, Cello, zwei Hörner, Klavier und Deklamation

Kirsten Labonte, Sopran
Gerhild Romberger, Alt
Markus Köhler, Bariton
Shuang Shi, Sopran
Rebecca Blanz, Mezzosopran
Christian Kleinert, Erzähler

Mirjam Petri, Harfe
Hugh McGregor, Cello
Norbert Stertz und Peter Gulyka, Horn
Schwanen-Ensemble Hagen Enke, Ensembleleitung

Peter Kreutz, Klavier

CPO 777 940-2
7 61203 79402 7

Ulrich0016

Carl Reinecke (1824-1910) gehört mit seinem reichen kompositorischen Schaffen (es sind fast 300 Opera) zu den Vergessenen. Obwohl er nicht nur als Pianist, Dirigent und Komponist, sondern auch als Musikschriftsteller tätig war, ist seine Musik – bis auf wenige Ausnahmen – aus dem Repertoire verschwunden.  Umso begrüßenswerter ist die vorliegende cpo-CD, zu der auch ein sehr informatives Booklet wie selbstverständlich gehört.  Eine Märchenoper nach Hans Christian Andersen (1805-1875) ist natürlich ein zutiefst romantisches Sujet und nur eines der vielen Märchenstücke, die Carl Reinecke in Musik setzte.

Die Besetzung der wenigen weiteren Instrumente neben dem Klavier ist ad libitum und der Chor ist ein kleiner Frauenchor, so dass einer Aufführung im erweiterten häuslichen Rahmen wohl nichts im Wege stand. Wären da nicht die Solorollen oder der Erzähler.

Hätten in einer Privatwohnung unter den Zuhörerinnen und Zuhörern nämlich auch Kinder gelauscht, sie wären spätestens bei der ersten Arie der Königin in hysterisches Lachen ausgebrochen – ungeachtet einer guten oder schlechteren Erziehung. Und so ist es leider mit dem ganzen Stück auf dieser CD: Die völlig verkünstelte – fast opernhafte – Inszenierung, noch dazu mit einem fürchterlich langweiligen und uninspirierten Erzähler, erweist der Komposition einen echten Bärendienst.

Wer sich die Aufnahme zum zweiten Mal anhört, muss entweder ein Fan eines der Darstellerinnen oder der Darsteller sein, oder gerade diese Art von Märchen-Oper besonders lieben. Nicht, dass die Musik nicht ihren Reiz hätte, auch die Instrumentation ist durchaus passend und hörenswert, aber diese „verbildete“ Art des Gesangs ist für eine damals für gutbürgerliche Kreise auch von seinem Schöpfer gedachtes Werk alles andere als zielführend. Vibrato in allen Ehren – oder eben eher nicht –, aber die spontane Reaktion eines Kindes auf solch eine „Opernstimme“ ist vorhersagbar staunendes Lachen oder gar Entsetzen. Weniger wäre auch hier sehr viel mehr und würde den tatsächlichen Reiz dieses Märchen-Musicals nicht nur erhöhen, sondern überhaupt erst hörbar machen.

Da könnten sich viele der heutigen, mit viel zu hohen Ansprüchen aufgeladenen Inszenierungen sogenannter Kinderopern ein gutes Stück von den Musical-Darstellern und ihren Bühnenfassungen abschauen, falls sie sich nicht ein Beispiel nähmen an adäquaten – meist amerikanischen – Verfilmungen solcher Stoffe.

Schade, denn die Musik ist sehr ansprechend in ihrer (auch in den Chorpartien) teils einstimmigen, immer eingängigen Melodik, auch die obligate – natürlich schlichte – Klavierbegleitung, die das Orchester vor allem dann ersetzt, wenn die anderen vorgesehenen Instrumente, also Harfe, Cello und zwei Hörner, nicht zur Verfügung stehen sollten, ist hörenswert und bindet das Ganze zusammen. Die mögliche „Orchestration“ erweist sich durchaus als Bereicherung des romantischen Kolorits und weist den Komponisten als erfahrenen Musiker aus. Schließlich war er dreißig Jahre lang Kapellmeister des Leipziger Gewandhaus-Orchesters.  Bleibt als Fazit:  Sängerisch und sprecherisch hätten der dichterische Stoff und die Komposition eine hochklassigere Aufführung verdient.

[Ulrich Hermann, Februar 2016]