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Kuba auf dem Klavier

Grand Pianio, GP 758; EAN: 7 47313 97582 2

Die kubanische Pianistin Yamilé Cruz Montero stellte am Abend des 11. März 2018 im Kleinen Konzertsaal des Gasteig in München ihre CD „Piano Cubano“ mit Werken von drei Landsmännern vor. Vom kubanischen Nationalkomponisten Ernesto Lecuona hörten wir drei Afrokubanische Tänze und die Suite Andalucia, nach der Pause folgten Werke von Cruz Montero Carlos Fariñas und Andrés Alén. Von ersterem erklangen Sones Sencillos und Alta Gracia, von letzterem Variationen auf Silvio Rodríguez‘ Thema und Emiliano.

Mit kubanischer Musik werden meist Tanz und groovende Rhythmen assoziiert. Wie viel mehr jedoch darin steckt, zeigte an diesem Abend die Pianistin Yamilé Cruz Montero. Die melodische Komponente ist in allen dargebotenen Stücken maßgeblich, wobei sie meist vom Gesang abgeleitet und entsprechend schlicht und eingängig ist. In Kuba gibt es keine so starke Trennung zwischen so genannter ernster und unterhaltender Musik, wie es hierzulande üblich ist, und so haben die Komponisten keine Angst davor, auch scheinbaren Trivialitäten Einzug in ihre Musik zu gewähren und sie stilvoll auszuarbeiten. Harmonisch schlagen vor allem Fariñas und Alén eigentümliche Wege ein, kombinieren lateinamerikanisches Idiom mit Akkordgebilden europäischer Moderne. Ergebnis ist eine Symbiose, die niemals Langeweile aufkommen lässt. Vorbilder aus Europa sind gerade in den längeren Werken aufzuspüren, die sich nicht aus kubanischen Tanzstilen ableiten: Mit Lecuonas Suite Andalucia verlässt Cruz Montero Kuba für kurze Zeit und führt uns nach Spanien, wo uns quirlige, gitarrenartige Rhythmen sowie echt spanisches Lebensgefühl erwarten. Und aus Aléns Variationen schimmern auf recht scholastische Weise deutsche Vorbilder hervor, gemahnen unüberhörbar an Brahms und Beethoven.

Die Verbreitung dieser Musik auf europäischem Boden ist ein Herzensanliegen der jungen Pianistin, dementsprechend legt sie ihr Innerstes in die heute erklingenden Töne hinein. Mit beeindruckender geistiger Klarheit versteht sie die Botschaften in den Werken und vermittelt sie ihren Hörern. Yamilé Cruz Montero besticht mit Aufrichtigkeit. Jede Emotion, jeden Ton und jede Phrase glaubt man der Kubanerin. Sie offenbart Bewusstsein über die gesamte Stilfülle der kubanischen Musik, von folkloristischen Tänzen über jazzgefärbte Klänge und europäische Echos bis hin zur charakteristischen Eigenständigkeit der Komponisten.

[Oliver Fraenzke, März 2018]

Kubanische Festivitäten

Am 10. März spielt die kubanische Konzertpianistin Yamilé Cruz beim Klavierzyklus von Piano Fies Riemerling Werke aus Europa und Kuba. Das Programm beginnt mit Robert Schumanns Faschingsschwank aus Wien Op. 26, worauf das erste Buch aus Isaac Albéniz‘ Iberia folgt. Die zweite Hälfte ist Kuba gewidmet, neben sieben Tänzen von Ignacio Cervantes ist die Suite Andalucia von Ernesto Lecuona zu hören, die Europa und die ‚Neue Welt’ vereint.

Die Konzertreihe von Piano Fies entwickelt sich immer mehr zu einem ambitionierten Großprojekt. Wo anfangs noch wenige Interessierte den Klängen etablierter Musiker lauschten, ist nun der kleine Konzertsaal in Riemerling (obgleich bereits in einen größeren Raum gewechselt wurde) stets bis auf den letzten Platz besetzt und die Wartelisten sind lang. Die Nähe zum Publikum wird großgeschrieben und die Atmosphäre ist vertraut, beinahe intim.

Am heutigen Abend ist es Yamilé Cruz Montero, die in diesem legeren Rahmen auftritt und die Hörer mit ihrem europäisch-kubanischen Programm verzaubert. Eingeführt wird traditionell von Frau Professorin Bianca Bodalia von der Musikhochschule München, die mit Charme und verständlich vermitteltem Fachwissen Einblicke in die dargebotenen Werke gewährt.

Zu Beginn direkt ein Highlight der Konzertliteratur, Schumanns Faschingsschwank aus Wien Op. 26, hochvirtuos und von klanglich-musikalischen Herausforderungen durchzogen. Die ersten Takte überraschen sogleich, denn Yamilé Cruz Montero stürzt sich nicht ungehalten ins Getümmel oder bietet eben nicht sofort höchste Kraft auf. Sie baut auf, verausgabt sich nicht bereits im ersten Ansturm, sondern erzeugt ein Kontinuum, das den Hörer durch das Werk trägt. So entsteht ein gewaltiger Bogen, der das gesamte Opus umspannt – dieser ist artikuliert wie ein einziger großer Spannungsverlauf, der sich über die lange Strecke auftut und genauso natürlich wieder schließt. So erhält der Schwank Stringenz und organischen Zusammenhang fernab der so häufig zu bewältigenden Richtungslosigkeit.

Nicht weniger erstaunlich ist Yamilé Cruz Monteros Aufführung der Iberia-Suite, aus welcher sie das erste Buch spielt. Vertraut ist die Suite in verträumt impressionistischer Manier, geprägt von effektvoller Konturlosigkeit und schillernden Farben. Solch nebulöse Aufgeregtheit scheint dem kubanischen Gemüt der Pianistin gegen den Strich zu gehen, und sie meißelt deutlich die rhythmischen Nuancen heraus, verleiht den drei Stücken Prägnanz und greifbare Form. Für enormen Farbenreichtum ist dabei ebenso Platz, nur nicht willkürlich ausgeteilt, sondern zu einheitlichem Fluss gebündelt. Dabei entfaltet Yamilé Cruz Montero ein weites Spektrum dynamischer Zwischenschattierungen, lediglich der Pianissimobereich wäre nach unten noch erweiterbar (dieser bleibt immer schwierig einzuschätzen, damit auch die hinteren Reihen noch jeden Ton vernehmen können, und außerdem mag auch sein, dass nicht jeder Flügel hier eine endlose Palette bereitstellt). Bei Iberia zeigt sich die ganze Vollendung ihres Anschlags, dem zwar die Kraft einer Löwin innewohnt, der diese allerdings feingliedrig korreliert und immer den Erfordernissen der Musik anzupassen vermag.

Ein wahres Heimspiel hat Yamilé Cruz Montero in der zweiten Hälfte des Konzertprogramms, die Werke der kubanischen Komponisten liegen ihr im Blut (die hier zu hörenden Stücke werden gemeinsam mit weiteren gegen Ende des Jahres bei Grand Piano auf CD erscheinen). Einundvierzig Tänze fasste Ignacio Cervantes zu einem Zyklus zusammen, woraus heute sieben zu hören sind. Es sind verspielte Miniaturen von überschäumender Lebensfreude, durchwoben mit rhythmischen Feinheiten und für das europäische Ohr erstaunlichen Skurrilitäten. Virtuoser und eher mit klassischen Modellen vertraut gibt sich die Musik von Ernesto Lecuona, der als kubanischer Gershwin gilt. Sie sechssätzige Suite Andalucia eint kubanisches Lebensgefühl mit spanischer Attitüde und den Ambitionen einer großen klassischen Komposition. Yamilé Cruz Montero geht ebenso intensiv im organischen Leben der Musik auf wie bei Schumann oder Albéniz, spielt mit feingliedrigem Bewusstsein über Form und Struktur, vernachlässigt auch nicht das lyrische Moment und besticht mit unerhörter rhythmischer Prägnanz. Eine großartige Musikerin.

[Oliver Fraenzke, März 2017]

Zauberhaft, authentisch, berührend – Yamilé Cruz Montero und Christos Asonitis spielen kubanische Musik

Die 1985 in Havanna geborene Pianistin Yamilé Cruz Montero spielt in der Mohr-Villa in Freimann im Münchner Norden Werke kubanischer Landsleute, teilweise in Kollaboration mit dem griechischen Schlagzeuger Christos Asonitis. Neben Zeitgenössischem, darunter zwei vertrackten Kompositionen der bekanntesten kubanischen Komponistin Tania León und zwei Eigenkompositionen von Frau Cruz Montero, spielte sie auch Klassiker von Ernesto Lecuona und, als Zugabe und einziges Werk des 19. Jahrhunderts, Ignacio Cervantes.

Schon kürzlich berichtete the-new-listener.de von einem Konzert, in welchem Yamilé Cruz Montero ausschließlich zeitgenössische Werke von Komponistinnen, darunter mehrere Uraufführungen, vortrug. Und schon da war erstaunlich, mit welcher Ernsthaftigkeit, filigranen Feinnervigkeit, rhythmischem Groove und natürlicher Sanglichkeit sie agierte. Das Konzert in der Mohr-Villa – in eher etwas indifferenter Akustik auf einem zwar nicht makellosen, da nur bedingt modulationsfähigen, aber doch auch nicht allzu unbefriedigenden Hohner-Flügel – begann sie denn auch mit eben jener Danzón von der in Holland lebenden Keyla Orozco und den zwei virtuosen Stücken ‚Momentum’ und ‚Tumbao’ von Tania León, die sie bereits zuletzt im Programm führte. Und es war erfreulich, hören zu können, wie die Werke unter ihren Händen weiter reifen. Neu dann ‚Reencuentro’ von dem 1958 geborenen, komponierenden Klaviervirtuosen Ernán López Nussa, nunmehr unter so dezenter wie stimulierender Mitwirkung von Asonitis am Percussion-Set. Man darf staunen, wie wunderbar die beiden aufeinander eingespielt sind, und diese durchaus auf traditionellen karibischen Elementen aufbauende Musik swingte nicht nur in transparenter Zartheit, sondern entfaltete eine improvisatorische Anmut. Eine von geschmackvoller Sensitivität getragene Musik, die man gerne wieder hören möchte. Es schlossen sich vor der Pause noch, nunmehr wieder für Klavier solo, die Variationen über ein (innig romantisches) Thema von Silvio Rodriguez aus der Feder von Andrés Alén an – 1950 geboren, hat er sich einst auch seine Sporen als Pianist verdient. Man merkt seinem Zyklus an, dass er aufmerksam die großen Vorbilder in der Gattung studierte, und in einer Variation scheint tatsächlich Brahms eine kleine Stippvisite zu machen. Allerdings wirkt das Werk insgesamt auch etwas bemüht scholastisch und ist nicht von einem durchgehenden Spannungsbogen getragen. Yamilé Cruz Montero bemühte sich nach Kräften, der nicht allzu überzeugenden Entwicklung den durchgehenden Lebensimpuls einzuhauchen.

Was noch zu wünschen wäre: dass sie ihren sehr liebevoll und offenherzigen Einführungsworten etwas mehr Information über die hierzulande ja völlig unbekannten Komponisten hinzufügt.

Nach der Pause folgte, was Länge, Gehalt und stilistische Vollendung betrifft, zunächst das Hauptwerk des Abends, zwar kubanischer Herkunft, aber doch auch das einzige nicht kubanische Werk des Abends: die sechssätzige Suite Andalucia vom Nationalkomponisten Ernesto Lecuona. Hier konnte Yamilé Cruz Montero ihr ganzes Können ausspielen, in feinen Schattierungen und unwiderstehlichen Rhythmen, und es ist Musik, die ohnehin Vergnügen bereiten möchte und nur darauf wartet, dass jemand wie hier sein ganzes Herz und seine Ausdrucksstärken in ihren Dienst stellt. Ganz besonders zauberhaft die Sätze ‚Alhambra’ und ‚Malagueña’, und ganz besonders quirlig die ‚Gitanerias’. Danach erwarteten wir gespannt zwei Eigenkompositionen der Pianistin: ein schlichtes, erstaunlich fein gesponnenes und in den Fortschreitungen durchaus kraftvolles Stück, das im Verhältnis von Können und Wollen stimmig erschien. Danach, nun wieder unter Mitwirkung des Schlagzeugs, das Schauspielmusik-Extrakt ‚El dragón en la luna’, mit vielen zündenden Momenten, aber auch nicht so organisch etwickelt wie das vorangehende Solo-Präludium, sondern eher eine geschickte Montage unterschiedlicher Elemente. Die beiden boten dann noch von dem afro-kubanischen Jazzmusiker Aldo López Gavilán ‚El pájaro carpintero’ dar, sehr zur Freude des begeistert mitgehenden, zahlreich erschienenen Publikums, das mit dieser Musik so richtig „in Fahrt“ gekommen war und gar keine Anstalten machte, nach Hause gehen zu wollen. Also folgte noch einmal Lecuona, diesmal mit einem kubanischen Tanz unter Mitwirkung des etwas zu kräftigen Schlagzeugs (dadurch werden vor allem die tiefen Register des Klaviers sehr übertönt), und zum Schluss Yamilé Cruz Montero alleine mit einem populären Klassiker von Cervantes.

Beide Künstler verdienen den Enthusiasmus, der ihnen entgegenschlug. Christos Asonitis ist ein so einfallsreicher wie unaufdringlicher, hochkultivierter und hellwacher Schlagzeuger, der dem kleinen Set einen großen Reichtum an Nuancen entlockt und nicht in routinierte Mechnizität abgleitet. Und Yamilé Cruz Montero wünscht man noch sehr viel Erfolg, und dies wahrlich aus mehr Gründen als der durchaus zauberhaften Erscheinung wegen! Was wir so oft vermissen auf dem Podium: ein durchweg aufrichtiger Mensch und authentischer Künstler, ohne jegliche Prätention, gewiss zu menschlich und bescheiden für das Ellenbogen-Business der Starkult-Klassikwelt, dafür berührend und echt in allem, was sie tut. Und durchaus auch mit dem Potential für eine Virtuosin von Rang versehen. Wir sind gespannt, was sie noch alles für uns entdecken wird.

[Lucien-Efflam Queyras de Flonzaley, Mai 2016]

Aus der weiblichen Perspektive

Im Rahmen des Festivals Art in Perspective spielt Yamilé Cruz Montero ein Programm mit „Komponistinnen aus aller Welt“. Die meisten der gespielten Werke sind Uraufführungen, die für das Festival in Auftrag gegeben worden sind. Die Komponistinnen sind Miriel Cutiño und Keyle Orozco aus Kuba, Tania León aus Kuba / USA, Elena Tarabanova aus Russland / Deutschland, Verena Marisa aus Deutschland, Anna Korsun aus Ukraine / Deutschland, Leticia Armijo und Lilia Vázquez aus Mexiko und Diana Syrse aus Mexiko / Deutschland.

Die Frauen in der Zeitgenössischen Kunst, darum dreht sich das neu gegründete Festival „Art in Perspective“ von Diana Syrse und Eva Schabatin. An zwei Tagen werden Frauen in vielen Bereichen der Kunst präsentiert sowie ihre Probleme und Benachteiligungen dargestellt. Im Pyramidensaal des neuen Gebäudes der KHG-TUM in der Karlsstraße 32 in München gibt es Tanz, Musik, Ausstellungen und Podiumsrunden.

In der ersten Programmhälfte am 11. März besteht der Ablauf hauptsächlich aus einer großen Podiumssitzung, in der Frauen aus verschiedenen Zweigen der Kunst vorgestellt werden und über ihre Probleme und Herausforderungen als Künstlerinnen sprechen sowie darüber, warum sie trotz der schwierigen Voraussetzungen ihr Leben der Kunst widmen. Zuvor werden allerdings von Diana Syrse noch zwei CDs der Reihe „Colección Murmullo de Sirenas“ beworben, welche ausschließlich Musik von Komponistinnen Mexikos beinhalten. Leider ist die Zeit nicht ausreichend, um in die Musik auch hineinzuhören, doch kann man sie direkt an der Abendkasse erwerben und nach ausgiebigem Hörgenuss derselben lässt sich sagen, dass darauf wirklich interessante und einprägsame moderne Musik zu hören ist, die sich auch empfehlen lässt. Auch gibt es noch ein kurzes Klavierintermezzo, bei welchem die elfjährige Viktoria Vanninger eine kurze popmusikalische Eigenkomposition vorträgt, die schon im jungen Alter ein erstaunliches Gespür für Harmoniechangierungen aufweist.

Nach der Pause beginnt das Klavierrezital von Yamilé Cruz Montero, die sich der extremen Herausforderung stellt, zehn ganz neue Werke an einem Abend zu spielen, ohne auch nur ein etabliertes und allgemein bekanntes Werk hinzuzufügen. Das Konzert beginnt mit der „Pieza Rapsodiosa“ von Miriel Cutiño (Kuba), einem virtuosen und zerrissenen Stück von höchster Schwierigkeit, das sich als klangschön und eingängig zeigt, wenngleich auch ohne die erwarteten kubanisch-rhythmischen Elemente und ohne besonderen inneren Zusammenhang. „Der Kranke“ von Elena Tarabanova (Russland/Deutschland) folgt, ein noch zersprengteres Werk über den Zwiespalt eines sterbenden Körpers und der auch nach dem Tod noch unruhigen Seele, wobei die Musik zwischen Popmusikelementen und herben Dissonanzen hin und her schwankt. Die vergleichsweise anerkannteste Musik stammt von Tania León (Kuba/USA), heute bereits eine Komponistin älterer Generation, die sich zumindest in ihrem Heimatland einer breiteren Bekanntheit erfreut: „Tumbao“, eine knackig prägnante Miniatur von brillantem Rhythmus, beißendem Witz und Humor, sowie „Momentum“, etwas ruhiger, doch in ähnlichem Stil. Das nächste Stück ist quasi ein Heimspiel, Verena Marisa studierte in München Komposition und Filmmusikkomposition, ihr „between lives“ zeigt entsprechend eine besonders hohe handwerkliche Beherrschung auch der neuesten Klangerzeugungsmöglichkeiten, es ist das freieste und geräuschlastigste Stück des Abends. Ganz das Gegenteil ist „De Chismes y Confidencias“, das eher durch Traditionsverbundenheit aufwartet. In dieser Komposition von Keyla Orozco (Kuba) herrscht auch der musikalische Scherz vor, denn sie bildet nicht nur ein Orchesterkonzert ab, sondern auch die Geräusche des Publikums davor sowie das Auftreten und Anklopfen des Dirigenten. Für die Pianistin wohl das anstrengendste Werk des Abends ist „Acqua“ von Anna Korsun (Ukraine/Deutschland), ein aus spärlichem Material zusammengepuzzeltes Stück aus nicht enden wollenden Glissandi und eher willkürlichen gesetzten Akkorden. Wieder traditionsverbunden und eine das typische Landesgefühl evozierende Musik ist „Andiamos“ der Mexikanerin Leticia Armijo, welches in herrlicher Verträumtheit den Hörer in den Bann zieht. „Scratch Cat!“ ist eine rockige Toccata der Festivalveranstalterin Diana Syrse, voll von vorwärtstreibenden Rhythmen und wohl die interessanteste der Uraufführungen des Abends. Für die letzte Komposition, „Destellos des Alba“ der Mexikanerin Lilia Vásquez, holt sich die Pianistin noch einige Mitglieder des Ensemble Zeitsprung unter dem Dirigat von Markus Elsner ins Boot (Dirigent, Violinist und Flötist sind die einzigen drei Männer, die heute auf der Bühne stehen). Das Ensemble ist von höchster Qualität und von einer besonderen Klangverliebtheit, die jede Phrase auf natürliche Weise entstehen lässt. Gemeinsam schweben die Musiker in den harmonischen Phantasien dieser Morgenidylle, die den heutigen Abend beschließt.

Eine wahre Entdeckung ist die Pianistin Yamilé Cruz Montero, die durch hochmusikalisches und sehr feinfühliges Klavierspiel beeindruckt. Trotz des leicht schepprigen und nicht ganz lupenrein gestimmten Flügels erschließt sie ungeahnte Nuancen in der Musik. In all den divergierenden Kompositionen und bei dem ganz unterschiedlichen musikalischen Gehalt sucht und forscht sie, um überall das Bestmöglichste entstehen zu lassen. Sogar dem glissandoüberlaufenden Acqua entlockt sie feinste Schattierungen und eine perlige Geschmeidigkeit, die ihresgleichen sucht. Fantastisch ist Cruz Monteros Gespür für Rhythmik, die stechend scharf und trotz immenser Herausforderungen vollkommen präzise ist. Respekt gebührt ihr auch alleine schon für die Tatsache, sich so sehr für Neues und Unbekanntes einzusetzen, eine solche Anzahl an Uraufführungen von hoher Komplexität auf sich zu nehmen für einen Auftritt in kleinem Rahmen.

So ist der Abend des elften März eine wahre Fundgrube von Neuentdeckungen und interessanten Erfahrungen. Gerade die Stücke von Tania León und Diana Syrse werden mir persönlich noch länger im Kopf bleiben – und natürlich die wunderbare Pianistin.

[Oliver Fraenzke, März 2016]