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Himmelfahrts-Konzert „Wilde Gungl“

Himmelfahrts-Konzert der „Wilden Gungl“ – 25. Mai 2017 im Prinzregententheater unter Leitung von Michele Carulli

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Von Johann Sebastian Bach bis Richard Wagner, welch ein Bogen! Und diesen musikalischen Bogen spannte das Orchester ”Wilde Gungl” unter seinem Dirigenten Michele Carulli am Vatertag im Münchner Prinzregenten-Theater in der Matinée um 11 Uhr.

Melodienzauber! hieß das Motto des Konzerts und dem entsprach das Programm, fast alle Melodien waren sogenannte ”Reißer”. Aber diese im Augenblick des Entstehens zu erleben, ist eben doch jedes Mal etwas ganz Anderes als sie zu Hause auf CD, im Radio oder bei einer Übertragung im Fernsehen zu hören. Lebendige Musik, „live“ ist durch nichts zu ersetzen, das wurde mir wieder einmal mit aller Deutlichkeit und Eindringlichkeit vor Augen und Ohren gebracht.

Solch einen Strauß aus vielen verschiedenen Melodien aus mehreren Jahrhunderten zu einem Programm zu verbinden, bedarf nicht zuletzt einer guten und ansprechenden Moderation. Sie ist und war bei Arnim Rosenbach – wie schon öfter – in allerbesten, charmanten Händen, auch dank seiner ebenso ansprechenden Stimme wie Art der Programmführung.

Von Bachs „Air“ aus der Orchestersuite BWV 1038 über Mozarts Klavierkonzert-Thema des zweiten Satzes  KV 467 , das durch den Film „Elvira Madigan“ weltbekannt wurde, über Verdi, Mascagni, Smetana hin zu Puccini, Mahler, Morricone, Böttcher, Tschaikowsky bis hin zu den beiden Zugaben von Nino Rota und der Ouvertüre zu „Rienzi“ von Wagner zog sich der Melodien-Zauber.

Die Konzerte der „Wilden Gungl“ verfolge ich nun schon seit ein paar Jahren, aber auch diesmal fiel mir besonders auf, dass die Gruppe der Streicher durch Michele Carulli noch homogener geworden ist, noch sensibler spielt, was man bei einigen Stücken, in denen die Streicher die Hauptrolle spielen, besonders hören konnte. Bei Mahlers „Adagietto“ aus seiner 5. Symphonie fiel das natürlich speziell auf. Aber auch die „Nichtstreicher“ – von denen mir besonders die Harfenistin und die Holzbläser gefielen – geben dem Orchesterklang die Farbigkeit, die diese Musik überhaupt so zum Klingen und Blühen bringt. Und das Publikum, jung und vor allem natürlich die älteren Semester, die der „Wilden Gungl“ – ihrer „Wilden Gungl“ –  schon seit Jahren die Treue halten,  war begeistert und brachte das entsprechend zum Ausdruck.

Dass Michele Carulli ein Dirigent mit Leib und Seele unter Einsatz voller Energie ist, der das Orchester befeuert und die Musik sich in melodische Höhenflüge aufschwingen lässt, ist bei jedem Konzert begeisternd zu erleben. Auch der Beifall, den er wie selbstverständlich den entsprechenden Solisten-Kollegen weitergibt, gehört dazu. Und nicht zuletzt seine eigene Moderation, mit der er die beiden Zugaben ansagt und das Publikum nach gewaltigem Beifall entlässt.

Ein Stück möchte ich allerdings gesondert erwähnen, nicht nur, weil es mir unbekannt war, sondern weil es als „Jugendstück“ von Giacomo Puccini schon alles erkennen und hören lässt, was uns später in seinen Opern so mitnimmt und beglückt. Das „Preludio sinfonico“ von 1882 – aus seiner Zeit am Mailänder Konservatorium – ist eine wunderbare Überraschung in diesem ambitionierten und doch so unterhaltenden Programm.

Ich freue mich schon auf das Sommerkonzert im Brunnenhof und auf das Wiederhören der „Wilden Gungl“.

Ceterum censeo: Auch wenn es Perlen vor die Säue gleich zu sein scheint, ich werde nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass die Münchner Zeitungskritik, das sogenannte Feuilleton, gut daran täte, aufzuwachen und dieses Orchester – das schließlich schon seit 150 Jahren existiert – und seine wunderbaren Programme endlich zur Kenntnis zu nehmen. Ganz einfach.

[Ulrich Hermann, Mai 2017]

Ein singender Kontrabass

Il Carnevale di Venezia

Michael Rieber, Kontrabass
Götz Schumacher, Klavier

Giacomo Puccini (1858-1924), Giovanni Bottesini (1821-1889),
Jules Massenet (1858-1924), Alexander Scriabin (1872-1915),
Serge Koussevitzky (1874-1951), Frédéric Chopin (1810-1849),
Vincenzo Bellini (1801-1835), Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847),
Federico Moreno Torroba (1891-1982)

Es-Dur  ES 2063
4 015372 820633

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„Ich bin begeistert von diesem wunderbaren Klang. Michael Riebers Kontrolle über sein Instrument ist verblüffend und man meint, einen hervorragend geschulten Bariton zu hören. Die schwersten Stellen des Repertoires spielt er mit einer Selbstverständlichkeit, die nicht ahnen lässt, welche technischen Herausforderungen zu meistern sind.“
Zubin Mehta

Wenn Das keine Hommage ist!  So lege ich diese CD in den Spieler und bin gespannt, was da tönen wird? Und es ist nicht zu viel gesagt von Herrn Zubin Mehta, dieser Kontrabass klingt an vielen, vielen Stellen wie ein Bariton, wie ein Cello in den schönsten Lagen, einfach verblüffend. Und mit welcher Gelassenheit und Musikalität die beiden Musiker ans Werk gehen! Als gäbe es auf dieser Riesengeige keine Schwierigkeiten, weder in der Tiefe noch in den höchsten Lagen, fabelhaft! Ob Opernarien, arrangierte Klavierstücke oder Bottesini’sche Originalmusik, alles wird von Götz Schumacher am Klavier und – im Mittelpunkt – Michael Rieber am Kontrabass mit staunenswerter Intensität und Leichtigkeit dargeboten. Traumhafte Klänge, die einen in ganz andere als erwartete oder „normale“ Klangwelten entführen. Und der Spaß, den die beiden am schier Unspielbaren haben, ist bei jedem Ton zu spüren und zu hören. Ein ganzer Kosmos entfaltet sich da vor den Ohren, von Puccini bis Bottesini, von Chopin bis Scriabin und von Bellini über Mendelssohn bis zu Torrobas Zarzuela reicht der gewaltige Bogen – den ein sehr ausführliches Booklet wunderbar ergänzt, in dem Michael Rieber auch Auskunft über seinen Zugang mit seinem „Summ-sa-sei“ (wie der Kontrabass in einem altbairischen Weihnachtslied treffend heißt) zu dieser besonders hörenswerten CD gibt.
Wie unsagbar leise, aber auch mit gewaltiger Lautstärke Michael Rieber sein Instrument „bespielt“, wie mit dem doch recht großen Kontrabass-Bogen solche Leichtigkeit „hergeht“, wie er jedem einzelnen Stück zusammen mit seinem hervorragenden, einfühlsamen Klavierpartner Götz Schumacher musikalische „Gerechtigkeit“ widerfahren lässt, das ist so, dass der weltberühmte Dirigent Zubin Metha mit seinem eingangs zitierten Urteil mehr als Recht hat.

[Ulrich Hermann, Januar 2016]